Neukirchen-Vluyn Ahnenforscher schreibt Ortsfamilienbuch

Neukirchen-Vluyn · Wolfram Berns hat eineinhalb Jahre lang recherchiert, um das Ortsfamilienbuch von Neukirchen für die Jahre 1798 bis 1905 zusammenzustellen. Im Vluyner Museum stellte er das Ergebnis nun vor.

Zwei große, dicke Wälzer hat Wolfram Berns druckfrisch mitgebracht. Eines in Dunkelgrün und eines in Dunkelrot. Die Besucher des Vortrags im Vluyner Museum sind schwer beeindruckt von der Leistung des 84-jährigen Hobby-Forschers, der eineinhalb Jahre lang recherchiert und 11.600 Standesamtsurkunden aus dem Archiv der Stadt eingescannt hat, um das Ortsfamilienbuch von Neukirchen für die Jahre 1798 bis 1905 zusammenzustellen. 2730 Familien und 9634 Einzelpersonen sind dort auf 688 Seiten dokumentiert. Durch zahlreiche Querverweise ist es möglich, den eigenen Stammbaum nachzuvollziehen.

Wolfram Berns ist kein Archivar. Auch stammt seine Familie nicht aus Neukirchen-Vluyn. 1979 zog er in die Bindestrich-Stadt, betrieb 20 Jahre lang eine Fahrschule an der Krefelder Straße. Nach dem Tod seiner Mutter 1985 begann er mit der Erforschung der eigenen Ahnen und fand so zu diesem anspruchsvollen Hobby. Vor sieben Jahren dann nahm er sich die Mammutaufgabe vor, alle Personen aufzulisten, die in beiden Gemeinden von Neukirchen-Vluyn geboren oder gestorben sind und geheiratet haben (das Foto zeigt Berns' Eltern bei der Verlobung 1917/18).

Mithilfe des Ahnenforschungsprogramms "Omega" erstellte er zunächst die Ortsfamilienbücher für die Zeit von 1632 bis 1798 und veröffentlichte sie im Januar 2014. Hier waren seine Quellen hauptsächlich die Kirchenbücher, denn etwa ab dem Jahr 1600 waren die Pfarrer angehalten, alle Geburten, Heiraten und Sterbefälle aufzuschreiben. "Mit dem 22. September 1798 beginnt eine neue Zeitrechnung", erklärt Berns den Zuhörern in der Heimatstube des Museums, "denn ab diesem Tag wurde die Führung von Personenstandsurkunden in den französisch okkupierten Gebieten angeordnet." Das galt auch für die heute Grafschaft, die damals Teil des "Departement de la Roer" war. Auch wenn die systematische Erfassung der Daten die Arbeit für Berns erleichtert, gibt es doch neue Hürden und Fallen. So wurden häufig noch parallel Daten in Kirchenbüchern erfasst. Dank der Vorarbeit von Hans Hermann Balters, der diese Daten bereits abgeschrieben hatte, kam Berns gut mit der Arbeit voran. Besonders wichtig waren diese Daten auch für die Ortsteile wie Rayen und Vluynbusch, die damals zu Rheurdt gehörten. Auch Daten aus Todesanzeigen und Grabsteinen zog er für seine Recherchen heran. Einen Stolperstein stellte der "Republikanische Kalender" dar, der sich an den Daten der Französischen Revolution orientierte und bis 1805 galt. Hier begann das Jahr mit dem 1. Vendemiaire, was dem 22. September entspricht. Sogar die Namen wurden an die Sprache der Besatzer angepasst: Aus "Peter" wurde ein "Pierre" und aus "Wilhelm" ein "Guillaume". Verwirrung stiften zuweilen auch Namensverwechslungen, wenn jemand etwa "Altenschmidt genannt Adams" heißt. "Das liegt daran, dass die Namen der Höfe wichtiger als die eigentlichen Familiennamen waren", erklärt Berns. Dass es bis 1929 keine Straßennamen, sondern nur Hausnummern gab, ist eine weitere Schwierigkeit. "Es war ganz schön kniffelig herauszufinden, dass das Haus "Neukirchen 34 1/2" der späteren Hochstraße 23 und heutigen Hochstraße 1 entspricht", so Berns. Neben den Randbemerkungen in den alten Büchern, die auch schon mal auf einen Mord hinweisen, sind die Angaben zu den Berufen der Menschen besonders interessant. So fällt auf, dass in Vluyn teilweise ganz andere Berufe als in Neukirchen auftauchen. "Hier gab es durch die Textilindustrie viele Fabrikarbeiter. Auch Berufe wie Diener oder Kutscher findet man hier", erzählt Berns. Warum die Daten nur bis zum Jahr 1905 gehen? Ganz einfach, weil jüngere Personendaten dem Datenschutz unterliegen. "An diese Daten kommt man nur, wenn man mit den Personen eng verwandt ist." Mit der Veröffentlichung des neuen Bandes ist das Werk des 84-Jährigen zunächst einmal vollendet und er kann sich wieder seiner Frau, seinen drei Kindern, vier Enkeln und der Urenkelin widmen. Das zweite Urenkelchen ist schon unterwegs, um die Familiengeschichte fortzuschreiben.

(rauh)
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