Nettetal Wenn das Mensa-Essen zu teuer ist

Nettetal · Das Jugendamt veranstaltet heute die erste Fachtagung der Nettetaler Netzwerke für Kinderchancen. Denn mehr als 14 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind arm

 Jochen Müntinga, Leiter des Nettetaler Jugendamtes.

Jochen Müntinga, Leiter des Nettetaler Jugendamtes.

Foto: Jobu

Alles zu teuer: Von Jugenddisco und Klassenfahrt, Smartphone und schicken Klamotten kann manch ein Kind in Nettetal nur träumen. Selbst die Bezahlung für das Mittagessen in der Schule stellt eine Belastung dar. "In solch einem typischen Fall ist ein Kind und seine Familie schnell ausgeschlossen von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben", sagt Heiko Brodermann vom Jugendamt.

Um mögliche Auswege aufzuzeigen und grundsätzlich auf die Kinderarmut auch in Nettetal aufmerksam zu machen, findet heute in der Werner-Jaeger-Halle der 1. Fachtag der Nettetaler Netzwerke für Kinderchancen statt.

 Heiko Brodermann vom Nettetaler Jugendamt.

Heiko Brodermann vom Nettetaler Jugendamt.

Foto: Jobu

"Arm wird oft einfach mit finanziell schwach gleichgesetzt, aber tatsächlich sind arme Kinder grundsätzlich arm dran", erläutert Jochen Müntinga, Leiter des Nettetaler Jugendamtes. Armut sei "ein vielschichtiges soziales Problem". Weil jedoch Kinderarmut immer wieder verleugnet, übersehen oder schöngeredet werde, setzt sich Müntinga bewusst für "einen positiven Ansatz unserer Aktion" ein: "Wir stellen das Bemühen um Chancengleichheit für alle Kinder in den Mittelpunkt", entsprechend habe das Jugendamt als Veranstalter den Fachtag betitelt.

Dabei sollen nüchterne Fakten durchaus auf den Tisch kommen: Mehr als 14 Prozent der Jungen und Mädchen bis 15 Jahre erhalten in Nettetal Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch. Das entspricht laut Brodermann dem Durchschnitt im Kreis Viersen. Einige Kommunen, Viersen etwa, liegen darüber, andere darunter. In Zahlen ausgedrückt: 750 von 5400 Nettetaler Kindern sind von Kinderarmut betroffen. Nicht mitgerechnet die betroffenen älteren Jugendlichen ab 16 Jahren, die in dieser Statistik gar nicht erfasst sind.

Kurzfristig etwas ändern könne der Fachtag nicht, dämpft Müntinga zu hohe Erwartungen. Vielmehr wolle man fürs Thema sensibilisieren. So wüssten manche betroffenen Kinder und Familien, wie sie ihre Situation geschickt überspielen können. Erzieher oder Lehrer indes als Vertrauenspersonen könnten ein Gespür für Probleme entwickeln, etwa wenn das Geld fürs Mensa-Essen nicht von den Eltern, sondern von Verwandten bezahlt werde.

Zwar gebe es Hilfefonds, etwa damit alle Schüler an Küstenfahrten teilnehmen könnten, aber so etwas sei nur ein Teilaspekt: "Für die Teilhabe aller Kinder an Bildungsmöglichkeiten und am kulturellen Leben braucht es mehr. Eigentlich wäre ein großer Spendenfond nötig", meint Müntinga.

Sein Kollege Brodermann ergänzt: "Was grundsätzlich gegen Kinderarmut zu tun, ist eine Generationenaufgabe." Dafür jedoch könne der Fachtag in der Lobbericher Werner-Jaeger-Halle ein erster Schritt sein.

(jobu)
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