Nettetal Traumjob: Verkäuferin im Erdbeerhäuschen

Nettetal · Die kleinen, roten Büdchen locken in der Saison von April bis Juli viele Kunden an. Zwei Frauen erzählen ihre Anekdoten

Nettetal: Traumjob: Verkäuferin im Erdbeerhäuschen
Foto: Burghardt Joachim

Das Häuschen gegenüber dem Baumarkt, am Rande des riesigen Parkplatzes, will so gar nicht passen zum Mekka der Heimwerker: Rot und rundlich mit grünem Dach wie eine überdimensionale Erdbeere. Hinter den hochgeklappten Fensterläden Schalen voller roter Früchte. Eine Frau winkt heraus und ruft: "Probieren'se doch mal!"

Susanne Wefers heißt die Erdbeerfrau, die mit kessem Kurzhaarschnitt und fröhlichen Redeschwall etwas von herzlicher Gemütlichkeit ausstrahlt und glaubhaft versichert: "Ich liebe den Job hier, den ganzen Tag mit netten Kunden und leckeren Erdbeeren, traumhaft!" Dabei wirken die Arbeitsbedingungen nicht gerade so, dass man mit ihr tauschen möchte: Täglich fünf Stunden stehen auf beengtem Raum und Zugluft durch alle Fenster, aus denen man auf Autos und Einkaufswagen blickt.

"Ach, wissen Sie, es geht doch um die Menschen, mit fast jedem ergibt sich ein netter Plausch, das macht einfach Spaß", meint die 47-Jährige und lacht schon wieder. Die Kunden kommen aus den benachbarten Wohnvierteln, andere mit dem Auto zum Verkaufshäuschen des Spargel- und Erdbeerhofs Heymann aus Dyck.

"Bei warmem Wetter weht immer ein angenehmer Wind durch, bei Kälte trinken wir heißen Kaffee aus der Thermoskanne, mümmeln uns schon einmal in eine Decke ein", klärt Wefers auf und wendet sich einem Kunden zu: "Fünf Kilo Erdbeeren für Marmelade? Pass op, da nehmen'se am besten jleich de janze Kiste!" Sie redet gern "op Platt" mit den Leuten, das freue vor allem die Senioren: "Manche sind einsam, hier können sie leckere Sachen kaufen und mit jemandem reden." Nur einmal sei ein Zufalls-Kunde aus dem Baumarkt enttäuscht gewesen: "Der dachte, hier kriegt er 'ne Currywurst." Die gute Laune vergeht ihr auch dann nicht, wenn sie mal muss: "Dann dürfen wir die Toilette im Baumarkt benutzen."

Was für Susanne Wefers der Baumarkt, ist für Roswitha Küppers bei Bedarf das stille Örtchen der Aral-Tankstelle auf der anderen Straßenseite: Sie ist die Erdbeerfrau am Ortsrand von Kaldenkirchen, bekannt und beliebt: "Ich mache das ja schon seit zwölf Jahren", sagt die freundliche 70-Jährige. "Die Leute freuen sich jedes Jahr, wenn wir wieder da sind", sagt Küppers. Von April bis Juli kommen die vielen Kunden aus der Nachbarschaft im Bruch und die Autofahrer von der Landstraße - ständig herrscht Betrieb auf dem kleinen Parkplatz vor dem Erdbeerhäuschen. Eine Kundin fragt: "Sind die Erdbeeren auch frisch?" Küppers nickt: "Klar, heute früh geerntet!"

Küppers, Typ charmante Oma, erzählt: "Ich hab immer eine Schale mit Erdbeeren zum Probieren parat, Kinder kriegen sowieso welche, denen mache ich das Grün vorher ab."

Viele Jahre arbeite sie schon für Familie Bonnacker - zum Kaldenkirchener Spargel- und Erdbeerhof gehört das Häuschen - in dem sich Küppers mit drei Kolleginnen abwechselt. Leise Musik aus dem Kofferradio, Matten auf dem Holzboden gegen Kälte von unten, in der Tasche Obst und Joghurt gegen den Hunger und Lesestoff für die wenigen Minuten ohne Kunden: "Mehr brauche ich nicht." Wenn nötig, greift sie zum Handy, ordert Nachschub: "Das ist noch nie passiert, dass wir hier keine Erdbeeren mehr hatten."

Vor dem Baumarkt in Lobberich beäugt derweil ein Mann skeptisch die Waren von Susanne Wefers. "Kann man die einfach so essen?" - "Ne, die müssen'se erst abschrubben und pürieren", antwortet Susanne Wefers mit ernster Miene. Dann sagt sie schelmisch grinsend: "Klar können sie die so essen." Stopft sich zum Beweis eine Erdbeere in den Mund, reicht dem Mann auch eine und lacht. Und hat mit ihrem Scherz einen neuen Kunden gewonnen, der gleich zwei Schälchen kauft.

(jobu)
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