Nettetal Rübsams rostiges Ross steht

Nettetal · „Der Gaul steht“ – so konnte man am Samstagnachmittag manch einen Hinsbecker oder Nettetaler nach einer guten Stunde Wartezeit erleichtert hören. „Der Gaul“ ist aus Stahl, nur ein paar Zentimeter dick und sehr geduldig. Muss er auch: wurde er doch von den Mitarbeitern der Firma Hankmann in Nettetal aus einer fünf Zentimeter dicken Stahlplatte geschnitten und in Hinsbeck ausgesetzt. Entworfen und aufgezeichnet hat ihn Peter Rübsam, der seine Wurzeln in Nettetal hat und dort als Bildhauer ein alter Bekannter ist.

Nun steht der Gaul also auf einem schönen Platz in saftigem Rollrasengrün an der Krickenbecker Allee Ecke Schlossstraße. Steht nur da, frisst nicht, grast nicht. Symbolisiert aber trotz seines mangelnden Volumens, schließlich ist es eine flache Gestalt, ein Scherenschnitt eher, die gesammelte Kraft aller Kaltblutpferde, die mal durch Hinsbeck zogen und mit denen Peter Rübsam gewissermaßen aufgewachsen ist. Belgisch Kaltblut, um genauer zu sein. Wer ein Pferd vor der Tür seines Dorfes sein Eigen nennt, hat keine Not, Wortspiele zu finden: „Steht ein Pferd vor der Tür“ zum Beispiel oder: „Hinsbeck ist um eine Pferdestärke reicher“ wie Bürgermeister Wagner vor der feierlichen Aufstellung der Skulptur formulierte. Sie ist ein Geburtstagsgeschenk zum 100. Jahrestag des Bestehens des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Hinsbeck.

Und die Hinsbecker, nein, alle Nettetaler, kamen und tranken ihr Bier, ihr Wasser, aßen ein Stück Kuchen und lauschten nicht nur den zahlreichen Worten, sondern auch den Klängen des Musikvereins Cäcilia Hinsbeck und dem Trio um Peter Rübsam. Denn so ein Kaltblut, das springt nicht mal eben auf die Wiese. Zunächst noch festgeschweißt und festgezurrt auf dem Kranwagen, wo es von beiden Seiten zum raschen Rosten gebracht worden war, musste es erst einmal wieder losgeeist werden. Das dauerte seine Zeit, die die Besucher für Kommentare, Unterhaltungen und zum ungezählten Fotografieren der Aktion nutzten. Einmal vom Wagen gelöst, ließ der Ausleger das Pferd über die Wiese schweben, bevor es unter dem Applaus der Besucher an dem vorgesehenen Platz landete. Peter Rübsam, der die Aktion fachmännisch überwachte, schlug die Haltekeile ein, überprüfte Stabilität und gab das Zeichen, die Haltegurte zu lösen und schließlich: „Der Gaul steht“.

Dem Gaul, der aus der großen Stahlplatte ausgeschnitten wurde, wurde noch etwas anderes gegenüber gestellt: seine eigene Silhouette oder – wie man belustigt und respektlos hören konnte: der Abfall. „Zu schad‘ zum Wegwerfen“ kommentierte man oder „Hätt’ ich auch gern im Garten stehen“. Im stumpfen Winkel zueinander ergeben sie ein spannungsvolles Paar: hier das Pferd, dort die leere Form. Ein Pärchen, das nicht nur den Nettetalern viel Freunde machen wird.

(RP)
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