Nettetal Nun nur noch ein einfacher Bruder

Nettetal · Matthias Engelke wurde als Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich-Hinsbeck entpflichtet. Superintendent Burkhard Kamphausen lobte Engelkes Einsatz für Menschen am Rande der Gesellschaft.

 Auch Vertreter anderer Religionsgemeinschaften - hier der griechisch-orthodoxen Kirche - verabschiedeten sich von Matthias und Beate Engelke.

Auch Vertreter anderer Religionsgemeinschaften - hier der griechisch-orthodoxen Kirche - verabschiedeten sich von Matthias und Beate Engelke.

Foto: Burghardt

Das war's nun also: "Ich lege meinen Talar ab", sprach Matthias Engelke, zog seine Amtstracht aus und predigte "in Zivil" weiter. Seit dem Gottesdienst am Sonntagnachmittag hat die evangelische Kirchengemeinde Lobberich-Hinsbeck keinen Pfarrer mehr; ein Nachfolger wird gesucht. Ihrem nach knapp zwölf Jahren scheidenden Seelsorger hatte die Gemeinde zuvor zusammen eine Abschiedswanderung mit einigen Überraschungen von Hinsbeck nach Lobberich bereitet.

Offiziell wurde Engelke im Gottesdienst in der evangelischen Kirche an der Steegerstraße in Lobberich vom Superintendenten des Kirchenkreises Krefeld-Viersen entpflichtet: "Wir danken Gott für Ihren Dienst", sagte Burkhard Kamphausen. Er nutzte die Gelegenheit, wichtige Arbeitsfelder des nun ehemaligen Pfarrers zusammengefasst aufzuzählen. Für Flüchtlinge und Erntehelfer, überhaupt "Menschen, die am Rande stehen", habe er sich eingesetzt, nach dem Evangelium gepredigt und gelebt, immer "in Treue zu Gott".

Dass Engelke mitunter auch ein streitbarer Pfarrer mit klaren und unbequemen Positionen war, verhehlte Kamphausen nicht. Davon zeuge der Briefwechsel mit dem kirchlichen Amt, fügte er hinzu. Seine Standpunkte nach dem Evangelium habe er auch politisch umgesetzt. So habe Engelke wegen seines Einsatzes gegen Atomwaffen "einen Strafbefehl erhalten". Besonders hob Kamphausen Engelkes ehrenamtliches Mitwirken im Internationalen Versöhnungsbund hervor, der sich gewaltfrei gegen Krieg und Unrecht einsetzt. Daraus leitet sich letztlich auch sein Abschied aus der Gemeinde ab. Weil Frieden ihm ein Herzensanliegen ist, hört Matthias Engelke als Pfarrer auf. Er will sich künftig ganz der Friedensforschung widmen.

Wegen seines Einsatzes für Versöhnung auch in der Gemeinde und in der Stadt achten und mögen nicht nur evangelische Christen ihn. Seine Gemeinde machte das deutlich mit der Abschiedswanderung, die sie für Matthias Engelke und seine Frau Beate organisiert hatte: Mit vielen Gemeindemitgliedern zu Fuß und noch mehr in drei Bussen ging's von der evangelischen Kirche im Zentrum von Hinsbeck zu verschiedenen Stationen wie katholische Kirchen und Moschee, Altenheimen und Kindertagesstätte. Fast überall warteten kleine Überraschungsfeiern, bis sie schließlich zum Gottesdienst in der evangelischen Kirche in Lobberich ankamen.

In seiner Predigt mahnte Engelke, sich im Gebet vor Gott nie pharisäerhaft mit anderen zu vergleichen: "Gott sei dieser Welt und mir Sünder gnädig." Ein Zeichen der Versöhnung ganz im Sinne von Engelke war der Friedensgruß, zu dem Prädikantin Jutta Reifenrath, die den Gottesdienst leitete, die Gemeinde und ihre Gäste einlud. Und so reichten alle einander die Hände - Gemeindemitglieder und Muslime, katholische und griechisch-orthodoxe Christen.

Dem Gottesdienst in der Kirche folgte eine zwanglose Runde im Gemeindehaus nebenan. Dort verabschiedeten Nettetaler Flüchtlinge mit Tänzen und Musik ihren Bruder Engelke. Denn der hatte noch im Gottesdienst gesagt: "Fortan möchte ich nicht mehr sein als ein einfacher Bruder unter den Geschwistern Jesu."

(jobu)
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