Nettetal Mehr Frauen und neue Gesichter im Rund

Nettetal · Der Stadtrat hat erste Entscheidungen getroffen. CDU, SPD, Grüne und FDP bildeten eine Liste für die Wahl der Vizebürgermeister.

 Weise Entscheidungen erwarten die Bürger von allen, die im Saal über den Köpfen der Skulptur tagen.

Weise Entscheidungen erwarten die Bürger von allen, die im Saal über den Köpfen der Skulptur tagen.

Foto: Busch

Im Saal des Rathauses hat nach der Kommunalwahl das Stühlerücken begonnen. Die Fraktionen formieren sich neu und sortieren sich ein wenig anders ein als in den vergangenen fünf Jahren. Die Blöcke aus CDU und SPD sind allerdings Konstanten in dem Halbkreis, dem der Bürgermeister wie gewohnt vorsitzt. Vor Beginn der Sitzung sucht der eine oder die andere noch ihren Platz, denn auch innerhalb von Fraktionen haben Funktionen gewechselt.

Seitlich unter den Zuschauern sitzt beispielsweise erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit Günter Werner. Jetzt ist er nicht mehr Fraktionsvorsitzender der CDU, sondern Gast - wie andere ausgeschiedene Kollegen auch. Nach der Sitzung gibt es noch ein kleines Ratsfest für "Ehemalige" und "Aktive" sowie deren Partner. Sieben Fraktionen reihen sich ein. Zwischen CDU und FDP hat man die AfD-Ratsmitglieder Lothar Kronauer und Dirk Schlomski gesetzt. Die Liberalen sitzen, wo sie immer saßen. Die Lücke entstand, weil sie von fünf auf drei Mandatsträger geschmolzen sind. Neben ihnen schließt Manfred Schmitz für die ABN an. Der Stuhl neben ihm bleibt leer. Hans Overhage, der nach heftigen internen Diskussionen Fraktionsvorsitzender bleibt, ist nicht weg, sondern in Brasilien. Für Schmitz ist der Rahmen nicht neu. Er saß vor 15 Jahren bereits für die CDU im Stadtrat.

Neben der ABN hat die von zwei auf vier gewachsene WIN-Fraktion Platz genommen. Das gestiegene Selbstbewusstsein dokumentiert im Lauf der Sitzung Fraktionsvorsitzender Hajo Siemes: Er will 2. stellvertretender Bürgermeister werden und begründet dies mit seinem Abschneiden bei der Bürgermeisterwahl. Es wird einsam um die WIN-Fraktion. Die Listenverbindung aus CDU, SPD, Grünen und FDP erhält 40 Stimmen. Neben vier WIN-Vertretern hat noch jemand für Siemes gestimmt. Raum für Spekulationen. Das Ergebnis sei Spiegelbild der interfraktionellen Kräfteverhältnisse, sagt CDU-Fraktionschef Ingo Heymann dem etwas verschnupft wirkenden Siemes. Politisch interessanter ist, dass die Grünen auf Distanz zur WIN gegangen sind. Es gibt atmosphärische Störungen der einst innigen Partner. Das grüne Lager fühlt sich von WIN als Selbstbedienungsladen missbraucht und macht die Tür erst einmal zu.

In den Reihen der SPD strahlt Arnold Melchert. Er ist jetzt 2. stellvertretender Bürgermeister. Erster Stellvertreter Christian Wagners bleibt Harald Post, der auch als Ortsvorsteher in Lobberich bestätigt worden ist. Und als "Alterspräsident" des Rates hat er Christian Wagner erneut in das Amt des Bürgermeisters eingeführt und ihm die Eidesformel abgenommen. Die neue Vielfalt der politischen Farben könne eine neue Schubwirkung entfalten, meint Post in seiner kurzen Ansprache.

Aufgeholt haben diesmal auch die Frauen, die jetzt immerhin zwölf von 46 Mandaten halten. So viel "Frau" war nie in Nettetal. CDU (fünf Ratsfrauen, 21 Sitze insgesamt), SPD (vier von zehn), WIN (zwei von vier) und Grüne (eine von vier) machen es möglich. FDP, ABN und AfD sind noch (FDP aber nur wegen der Wahlniederlage wieder) reine Männerrunden.

Die Nervosität gerade der Neulinge legt sich schnell, das konfuse Blättern in Unterlagen und neu angelegten Aktenordnern auch. Christian Wagner trägt eine Rede vor. Er blickt zurück auf Erfolge, streut selbstkritische Sätze ein und kündigt eine aktivere Umsetzungspolitik an: Er wolle nicht länger jede Entwicklung privaten Investoren überlassen, die Stadt dürfe Vereine und Vereinigungen nicht mit zusätzlichen Aufgaben überfordern und müsse zusehen, dass sie ihren Nachholbedarf im Innenstadtmanagement abarbeite. Eine Schulformdebatte will Wagner nicht mehr führen, sondern die Qualitäten des Bestandes heben. "Ich nehme mich zu allererst in die Pflicht", erklärt Wagner und fordert Mut und Entschlossenheit zum Handeln.

(RP)
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