Nettetal Junge Sportler testen Blindenfußball

Nettetal · Eine ungewöhnliche Erfahrung machten Spieler der B- und C-Jugend im Verein DJK Sportfreunde Leuth: Sie lernten Blindenfußball kennen und erfuhren mit Hilfe von Spezialbrillen, was es heißt, blind den Ball zu bewegen

 An Skibrillen erinnern die Brillen, die die jungen Fußballer der Sportfreunde Leuth hier tragen. Der einzig Sehende im Spiel ist der Torwart - die durch die Brillen blinden Spieler müssen sich am Rasseln des Balls orientieren.

An Skibrillen erinnern die Brillen, die die jungen Fußballer der Sportfreunde Leuth hier tragen. Der einzig Sehende im Spiel ist der Torwart - die durch die Brillen blinden Spieler müssen sich am Rasseln des Balls orientieren.

Foto: Busch

Die Brillen, die sich die 19 jugendlichen Fußballer des Vereins DJK Sportfreunde Leuth aus der Box nehmen sollen, rufen Erstaunen hervor. Die Brillen sind an einer Art Kopfschoner befestigt. "Jeder Spieler beim Blindenfußball spielt mit Kopfschoner", erklärt Christian Breckner und zeigt, wie der Schutz sitzen muss. Die Jugendlichen klappen die an Skibrillen erinnernden Modelle runter. "Ich sehe wirklich nichts", ruft der eine, "ist das komisch", der andere. Auch Zuschauer am Spielfeldrand des Kunstrasenplatzes dürfen die Brillen einmal testen, die Jugendleiter und -trainer Thomas Klaas ihnen gibt.

 Die Jugendlichen lernen, sich blind aufeinander zu verlassen: Nur durch ein Klopfen auf die Schulter bewegt sich die Schlange vorwärts.

Die Jugendlichen lernen, sich blind aufeinander zu verlassen: Nur durch ein Klopfen auf die Schulter bewegt sich die Schlange vorwärts.

Foto: Busch

Für Daniel Hoß hingegen ist das, was die Menschen um ihn herum gerade erfahren, Alltag. Der 28-Jährige ist von Geburt an blind. Dafür erstaunt er die Sehenden, denn Hoß spielt seit 2006 Blindenfußball. Was es damit auf sich hat und wie gespielt wird, das erfahren die 13- bis 18-jährigen Fußballspieler von Hoß und Breckner, sportlicher Betreuer des Projekts Blindenfußball im Rahmen von "Neue Sporterfahrungen".

Es bleibt nicht bei der Theorie. Breckner erklärt die erste Übung. "Wir machen eine Polonaise, wobei der Letzte der Sehende ist. Die anderen tragen alle Brillen. Der Letzte gibt die Kommandos ohne zu reden, sondern nur über Klopfen auf die Schulter. Denkt daran, es dauert, bis ein Kommando beim Ersten angekommen ist", sagt Breckner. Entsprechend der Leibchen in Schwarz und Weiß bilden sich zwei Gruppen. Niklas führt die weiße, insgesamt aus neun Personen bestehende Gruppe an. Frontmann ist Titus. Bei den anderen ist Marcel der Erste und Nico der Letzte des Zehnerteams. Zögernd bewegen sich die Menschenschlangen auf dem Spielfeld vorwärts. Die Unsicherheit ist spürbar, besonders bei den Vorausgehenden. Doch mit der Zeit wird es besser: Das Weitergeben des Schulterdrucks durchläuft die Reihen zügiger und einer lernt, sich auf den anderen blind zu verlassen.

Breckner stoppt die Übung, aber bevor die Jugendlichen die Brillen absetzen, sollen sie noch mit dem Finger in die Richtung zeigen, in der sein Auto steht. Finger gehen nach links, nach rechts, nach vorn, nach hinten. Jeder zeigt in eine andere Richtung. Beim Absetzen der Brillen will keiner so recht glauben, wie man dermaßen die Orientierung verlieren kann. Nur wenige Teilnehmer liegen richtig. Hoß startet die nächste Übung. Es geht um Konzentration. Alle setzen die Brillen auf, dann gibt er Kommandos - drehen, hinsetzen, Schritte in eine bestimmte Richtung gehen. Hoß wird immer schneller. Die jungen Leute müssen sich konzentrieren. Tastend gehen die Hände nach vorn, so manche Bewegung wird mit größter Vorsicht ausgeführt. Wo er genau steht, weiß danach keiner mehr.

Dann kommt der Ball ins Spiel, der mit Rasseln bestückt ist, damit er von blinden Spielern gehört werden kann. Hoß zeigt, wie ein blinder Mensch den Ball führt. Paarweise kommt es zum ersten Ballkontakt als Blinder. "Schon komisch, den Ball nur zu hören", bemerkt Luca, der den Ball vorsichtig zwischen den Füßen hin und her rollt, während sich Dominik, ohne die Brille zu tragen, rückwärts bewegt und durch Ansprache den Weg zeigt.

Ein Wechsel ist angesagt. Dominik zieht die Brille ab, Luca führt. "Man ist unsicher, aber mit der Zeit wird man sicherer", findet der 15-Jährige. Nach den Übungen gibt es ein Fußballspiel. Das Spielfeld hat die Größe eines Handballfelds. Der einzige Sehende ist der Torwart. Die Spieler müssen nicht nur das Geräusch des Balls hören, sondern auch auf die Anweisungen desjenigen achten, der hinter dem gegnerischen Tor steht, um den Ball für einen Torschuss zu platzieren.

Die jungen Teilnehmer sind beeindruckt von dem, was blinde Fußballer leisten müssen. Nico bringt es auf den Punkt: "Vor dieser Leistung habe ich großen Respekt."

(tref)
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