Nettetal "In Nettetal verläuft manches im Sande"

Nettetal · Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Guido Gahlings, ist tief beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Nettetaler für die Flüchtlinge. Zur Konsolidierung des Haushalts müsse man endlich auch unpopuläre Entscheidungen aushalten.

 Begeistert von der Hilfsbereitschaft der Nettetaler Bürger ist Guido Gahlings, Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Nettetaler Stadtrat. Politisch stehe die Stadt vor einer großen Herausforderung, sagt er.

Begeistert von der Hilfsbereitschaft der Nettetaler Bürger ist Guido Gahlings, Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Nettetaler Stadtrat. Politisch stehe die Stadt vor einer großen Herausforderung, sagt er.

Foto: Busch

Schlagartig hat der Zustrom von Flüchtlingen auch in Nettetal alle anderen wichtigen Themen weitgehend überdeckt. "Das beschäftigt uns sehr", gesteht Guido Gahlings, wenn er auf die Arbeit in der Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen schaut. Dabei belassen es die grünen nicht bei Debatten. Sie haben eine Fahrradaktion ins Leben gerufen, die außerordentlich erfolgreich läuft.

Martina Derpmanns und Markus Ploenes koordinieren die Aktion: Gesucht werden Fahrräder, die an Flüchtlinge gegeben werden, damit die vor allem innerhalb der Stadt mobiler sind. Reparaturen werden auch vorgenommen, eine Werkstatt hat spontan Unterstützung angeboten. Dankbar sind die Grünen auch der Realschule, die im Keller einen Raum zur Verfügung stellte. Mehr als 80 Fahrräder wurden so in den vergangenen Monaten verteilt. In einigen Fällen ging ein Training voraus. "Nicht alle haben jemals vorher auf einem Rad gesessen", sagt Gahlings und lächelt.

Die Aktion allein habe ihm noch einmal vor Augen geführt, welch "enormes Potenzial an Hilfsbereitschaft in Nettetal vorhanden ist". Viele Bürger hätten in den vergangenen Wochen still entschlossen angepackt und nicht nur herumgeredet. Hochzufrieden sind die Grünen auch damit, dass der Übergang der Leistungen nach der Anerkennung zum Jobcenter jetzt läuft. "Die Menschen bleiben nicht mehr längere Phasen ohne Geld." Aufgrund der Enge in Unterkünften drohten Räume für Sprachkurse wegzufallen. In den Schulungsräumen des Krankenhauses wird jetzt auch Deutsch vermittelt.

Darüber hinaus vergesse man die einzelnen Menschen nicht, betont Gahlings. "Es gibt viele Einzelschicksale, die einem sehr nahe gehen." Froh ist er, dass die Stadtverwaltung mit der Flüchtlingshilfe erfolgreich an Strukturen arbeite. So verhindere man Reibungsverluste und überflüssige Arbeit, alles gehe viel zielgerichteter, wenn Aufgaben klar definiert und nachhaltig verteilt werden.

Darüber sollen die eigentlichen Aufgaben nicht vernachlässigt werden. Die Gemeindeprüfungsanstalt hat der Stadt ein umfängliches Paket an Aufgaben gestellt, das die Konsolidierung der Finanzen möglich macht. Die Grünen haben Arbeitskreise für die Bereiche Wirtschaft/Finanzen, Soziales/Schule und Umwelt/Klima gebildet. Gahlings freut sich, dass einzelne Bürger hier mitarbeiten, ohne sich gleich an die Grünen zu binden.

Gahlings kritisiert, dass die Lenkungsgruppe im Rat immer noch zu unverbindlich diskutiere. "Wir müssen von diesem unendlichen Reden mal zum handeln kommen und nicht auf halber Strecke aus Rücksicht auf wen auch immer stehen bleiben oder gar umkehren", sagt er. Diskutabel sind für die Grünen der Wirtschaftswegeverbund, angemessene Grundlagen für Beiträge nach gesetzlichen Vorschriften, kritische Betrachtung des Flächenüberhangs an Schulen, Anhebung der Gewerbesteuer und der Vergnügungssteuer und Parkraumbewirtschaftung. In der Verwaltung müsse das betriebliche Vorschlagswesen gerade aus den unteren Bereichen gefördert werden. "Da sitzen die Praktiker, die Defizite im System viel eher erkennen. Die müssen sie aber auch benennen dürfen", sagt Gahlings. Ihn nerve, dass "manches in Nettetal im Sande verläuft".

"Schwer" fällt der Fraktion die Entscheidung über die Zukunft der Werner-Jaeger-Halle. Hier gingen die Meinungen weit auseinander. Mit Blick auf die Zukunft des Schulsystems fordert er Zurückhaltung in Politik und auch in der Verwaltung. "Wir können nicht etwas von oben herab bestimmen. Die Vorschläge sollten aus den Schulen kommen, wir müssen den Mut aufbringen, neue Strukturen, die die Realität abbilden, wachsen zu lassen."

(RP)
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