Nettetal Idee: Bäume fällen für Solarzellen

Nettetal · Die Nettetaler FDP will große Bäume im Stadtgebiet zugunsten von Photovoltaik-Dächern entfernen und grundsätzlich keine hohen Gehölze mehr pflanzen lassen

 Die Platane vor der Kaldenkirchener Kneipe Quartier Latin wollte die FDP bereits vor einem Jahr fällen lassen und scheiterte mit dem Vorschlag am Widerstand der anderen Fraktionen und der Verwaltung.

Die Platane vor der Kaldenkirchener Kneipe Quartier Latin wollte die FDP bereits vor einem Jahr fällen lassen und scheiterte mit dem Vorschlag am Widerstand der anderen Fraktionen und der Verwaltung.

Foto: Jobu

Wer war zuerst da - der Baum oder die Solaranlage? "Wenn wir jetzt Solaranlagen gegen Bäume abwägen, dann ist das in Sachen Klimaschutz kontraproduktiv", stellte Guido Gahlings (Grüne) klar. Der Vorsitzende des Umwelt-Ausschusses wiegelte so das Ansinnen der FDP ab, große Bäume im Stadtgebiet sollten zugunsten von Photovoltaik-Dächern verschwinden. Wobei Freidemokrat Michael Eichler nicht zum ersten Mal Stimmung gegen Bäume in Nettetal machte.

Darum ging es: Bäume werfen Schatten, auch auf Solaranlagen. Was einen Bürger störte, der sein Dach mit Photovoltaik bestückt hatte - und hinterher bei der Stadt einen "Antrag auf Baumfällung" stellte. Die Roteiche am Wendehammer neben seinem Grundstück werfe "durch ihre Größe massiv Schatten", die Solarthermie-Anlage könne "dadurch nicht so effektiv arbeiten wie geplant". Die Fällung könne er mit seinem Gartenbau-Unternehmen selbst erledigen und dann einen neuen Baum pflanzen; er übernehme "für alle Maßnahmen die gesamten Kosten".

Es folgte das übliche Prozedere, wenn ein Bürger - dessen Name in öffentlicher Ausschusssitzung nicht genannt wird - einen Antrag auf Baumfällung stellt: Die Baumkommission, bestehend aus Mitgliedern der Verwaltung und des Umwelt-Ausschusses, begutachtete die Situation vor Ort.

Das Ergebnis, wie schon in einem ähnlichen Fall im November 2015: "Nach Einschätzung der Kommission überwiegt der Baumschutz den Zweck der Optimierung der Nutzung der solaren Warmwasserbereitung." Kurzum: "Der Antrag wird abgelehnt."

Normalerweise segnet der Ausschuss die Voten der Baumkommission einfach ab - nicht so in diesem Fall: "Die Stadt sollte auf großwüchsige Bäume im Stadtgebiet verzichten", forderte Eichler - nicht zum ersten Mal. Just vor einem Jahr, als der Erhalt der großen Platane vor der Kaldenkirchener Kneipe Quartier Latin zur Diskussion stand, hatte er sich "für die Fällung des Baumes" ausgesprochen. Seine Fraktion wolle "alle großen Bäume im Stadtgebiet durch kleinere ersetzen". Die Platane blieb bekanntlich stehen - und die FDP bei ihrer Forderung. Eichler rechnete jetzt im Ausschuss vor, eine effektive Photovoltaikanlage vermeide mehr schädliches Triebhausgas CO2, als ein Baum in 80 Jahren aus der Atmosphäre filtere. Diese Rechenspiele ließ Helma Josten (CDU) nicht gelten: "Der Baum stand schon vor der Solaranlage." Dass gerade große Gehölze nicht nur fürs Ökosystem im bebauten Bereich wichtig sind, erläuterte die Technische Beigeordnete Susanne Fritzsche: "Bäume sind wesentlicher Teil der Stadtgestaltung."

Als weiteres Argument nannte Fritzsche: "Im Sommer ist man in der Stadt froh, wenn man mal unterm Baum im Schatten sitzen kann." Im Übrigen sollte ein Hausbesitzer vor dem Einbau einer Solaranlage "überlegen, wo sie am wenigsten beschattet" werde. Sie stellte sich gegen das FDP-Begehren, Bäume durch Photovoltaik zu ersetzen: "Das werde ich nicht tun, wir werden auch weiterhin ordentliche Bäume pflanzen." Ob große oder kleine Bäume gesetzt würden, hänge dabei auch vom Straßenbild ab.

Die FDP blieb bei ihrer Forderung. Der Ausschuss indes stand mehrheitlich hinter der Empfehlung der Baumkommission an den Bürger, der die Roteiche fällen wollte: "Auf dem Dach der Gerätehalle, die weiter zurückliegt, ist keine Beschattung vorhanden."

(jobu)
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