Nettetal/Venlo Haringworst verbindet

Nettetal/Venlo · Wolfgang Linneweber ist erster Träger der Auszeichnung "goldene Heringwurst". Der Spaß eines grenzüberschreitenden Völkchens Kulturschaffender aus Nettetal und Venlo ist mehr als nur ein Happening.

Hubert Bruls wagt den öffentlich-heimlichen Grenzübertritt am Schwanenhaus. Samstagnachmittag, die Aktion steht nicht in der offiziellen Agenda der Stadt Venlo. Alles geschieht unter den wachsamen Augen von deutschen Hütern des Gesetzes. Sie haben in den vergangenen zwei Stunden mehrmals schon misstrauisch die fröhliche Gesellschaft an Biertischen umkurvt, wissen aber offensichtlich nicht, was hier abgeht. Wären sie ausgestiegen, hätten sie zweifellos das Schild gesehen, das auf die Aktion "Haringworst" hinweist.

Marcel Tabbers, in vielfältiger Weise im Venloer Kulturleben aktiv, hat den Hering als Sinnbild für eine niederländische Form von Genuss und die Wurst als "typisch deutsches" Gegenstück zusammengefügt. Gut zwei Dutzend Freunde aus beiden Ländern wollen sehen, wie die Auszeichnung "de gouden Haringworst" für grenzüberschreitendes Denken und Handeln vergeben wird. Tabbers verteilt auf Eis frisch gehaltene Matjes. Wurst hat Performance-Künstler Fredie Beckmans aus Amstersam mitgebracht. Der Sohn eines Niederländers und einer Deutschen aus Borken/Winterswijk reicht leicht geräucherte Ochsenwurst herum.

Beckmans ist Vorsitzender (und Gründer) des "Worstclub mondial", dessen Emblem er sich kunstvoll auf den linken Oberarm hat tätowieren lassen. Aus einer Kladde voller Wurstzeichnungen liest er eine ungeahnte Geschichte über Psychologie, Philosophie und Erotik rund um die Wurst vor. Er brutzelt Nürnberger Rostbratwürste auf einem Minigrill und verteilt skurrile Mitgliedskarten seines Clubs.

Mit der Auszeichnung "de gouden Haringworst" überrascht Marcel Tabbers seinen Freund Wolfgang Linneweber. Hubert Bruls steckt dem aus Köln stammenden Wahl-Kaldenkirchener mit sichtlichem Vergnügen die kleine goldene Nadel mit der Haringworst ans T-Shirt. Er freue sich, an einem Ort, von dem nur im Zusammenhang mit Drogen geredet werde, eine andere, die Menschen verbindende Handlung vornehmen zu dürfen. Beim Blick auf die verwahrloste Umgebung des früheren deutschen Zollgeländes am Leuther Schwanenhaus meint er, er fühle sich in so unfertiger Umgebung immer sehr wohl. Der Ort symbolisiere ein wenig den Zustand der offiziellen deutsch-niederländischen Beziehungen. "Linne" hat er kennen gelernt, als wieder einmal über Kultur und Grenzkontakte im Café Centraal diskutiert wurde. Der hagere Deutsche habe in einem seltsamen Gemisch aus Kaldenkirchener, Venloer, Tegelener Platt und Niederländisch die Sprache als Schlüssel für Verständigung und Verständnis bezeichnet. "Ich finde es bemerkenswert, dass immer mehr Deutsche mit Niederländisch-Kenntnissen zu uns kommen, aber immer weniger Niederländer Deutsch können", merkt Bruls an.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort