Nettetal Früh lernte der Mensch die Flötentöne

Nettetal · Es gibt ein Musikinstrument, das ganze Schülergenerationen seit jeher in zwei Lager teilt. Die Blockflöte treibt die einen zur Verzweiflung, weil sie - um in der gängigen Jugendsprache zu bleiben - keinesfalls "cool" ist. Andere wiederum spielen mit großer Begeisterung über den Flötenunterricht hinaus das vergleichsweise simple Instrument. Und wer die Flötentöne einmal spieltechnisch verinnerlicht hat, greift oft gerne zu einem weiteren Instrument. Es muss nicht gleich die Querflöte, das Fagott oder die Oboe sein.

Nettetal: Früh lernte der Mensch die Flötentöne
Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen)

Die Gegenwart wird oft bestimmt von besonderen Tagen im Kalender. Feiertage, Gedenktage, Nationalfeiertage, Ehrentage, Aktionstage und andere mehr. Es gibt, beispielsweise, den Ehrentag der Zimmerpflanze oder den weltweiten Festtag der fabelhaften wilden Männer. Am kommenden Samstag wird, man ahnt es schon, der "Tag der Blockflöte" gefeiert. Ins Leben gerufen wurde er erst im Jahr 2007. Wahrscheinlich hatte ein Musiklehrer oder ein Vertreter der Blocklötenherstellerbranche einen freien Tag im Kalender entdeckt. Er beschloss, ihn mit Flötentönen zu füllen.

 Barbara Bruns (links) leitet Jesper, Anna-Lena und Franca (von links) sowie Valerie Bruns im Spiel der Blockflöte an.

Barbara Bruns (links) leitet Jesper, Anna-Lena und Franca (von links) sowie Valerie Bruns im Spiel der Blockflöte an.

Foto: von den Bruck

Jedenfalls wird seither vielerorts die Blockflöte mit Veranstaltungen gefeiert. Das Instrument gehört zu den ältesten überhaupt. Irgendwann haben Vorfahren in der früheren Steinzeit vermutlich schon nach der Jagd und gutem Essen in ihrer Höhle gesessen und am Feuer die Mahlzeit verdaut. Ein Mann, eher vielleicht doch eine Frau (?) spielte mit einem abgenagten hohlen Knochen und pustete hinein. Dabei entfleuchte dem Knochen ein Ton. Weil der Mensch findig und zur eigenen Unterhaltung auf fantasievoll ist, blies er auf einem anderen Knochen, der wiederum, weil größer oder kleiner, einen anderen Ton produzierte. Ein Knochen wiederum war an den Seiten durchlöchert. Damit die Luft durch den ganzen Knochen lief, hielt der Bläser die Löcher mit den Fingern zu - und entdeckte weitere Töne in dem bis dahin ungenießbaren Essensrest. Das könnte man sich zumindest so vorstellen.

Begabte Menschen griffen bald nicht mehr nur nach hohlen Knochen, sondern entdeckten ausgehöhlte Stängel und Hölzer für ihre Musik. Sie entwickelten unterschiedliche Tonarten und machten sich die Flöte untertan. Die Auswahl ist heute groß, sie reicht von der "Garkleinblockflöte" über die Sopran-, Alt-, und Tenor- bis zur Bassblockflöte. Längst sei die Blockflöte aber auch kein Anfängerinstrument mehr. "Für Erstklässler ist das Spielen auf der Blockflöte eine schwere motorische Herausforderung", berichtet Barbara Bruns. Die Kirchenmusikerin leitet auch das Hinsbecker Flötenquartett.

Jesper (8 Jahre), Franca (13) und Anna-Lena (13) kommen gerne zu Barbara Bruns zum "Flötenspiel". Ihre Musiklehrerin geht systematisch vor. Die Kinder lernen zunächst Noten zu lesen, dann kommen einfache Grundgriffe dazu, so dass Anfänger zu Weihnachten in der Familie schon ein einfaches Lied spielen können. Das verlange den Anfängern unter Kindern jedoch schon einigen Stress ab, warnt Bruns vor überspannten Erwartungen. "Zum Noten-Lesen kommen die richtigen Handgriffe hinzu", erklärt sie.

"Es heißt oft, das Spielen auf der Blockflöte sehe einfach aus", fährt sie fort. Das sei ein weit verbreiterter Irrtum, ohnehin sei das Instrument mit Klischees belegt, mit denen sie gerne aufräumen will. "Ehe ein Kind im Grundschulalter lernt, ein simples Lied wie Hänschen klein zu spielen, vergehen zwei Jahre Unterricht. Es muss lernen, mit den Fingern das Instrument zu beherrschen. Das ist so einfach nicht", erklärt sie. Es brauche viel Geduld bei der Anleitung und einen gewissen Fleiß beim Kind, bis die Griffe sicher sitzen.

Die Blockflöte habe zum Glück in den vergangenen Jahren aber auch in der allgemeinen Wahrnehmung eine Aufwertung erfahren, weil sie als Instrument anspruchsvoller Musik Anerkennung gefunden habe. Barbara Bruns verzeichnet wachsendes Interesse unter Kindern und Jugendlichen, Blockflöte zu lernen. "Der Spaß beim Spielen darf nicht fehlen, jedoch muss auch geübt werden", sagt sie. "Das Spielen der Flöte verlangt eine gute Fingerfertigkeit, auch die Haltung und die Atmung spielen eine große Rolle, das Zwerchfell muss frei sein". Seinen bisher letzten Auftritt hatte das Flötenquartett beim Benefizkonzert des Lions Clubs in der Werner-Jaeger-Halle zum Ende des vergangenen Jahres.

Man darf sicher sein, dass zum "Tag der Blockflöte" aus dem Haus von Barbara Bruns Flötentöne erklingen.

(ivb)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort