Nettetal Ende der Verdrängung

Nettetal · Mit Beharrlichkeit hat Vera Gäbler dafür gesorgt, dass am 11. November vor früheren Häusern Breyeller Juden Stolpersteine verlegt werden. Unterstützung dafür fand sie bei der Stadt. Die Erinnerung an Nazigräuel schmerzt.

Wenn am Donnerstag, 11. November, irgendwann nachmittags fünf Stolpersteine in Breyell verlegt sind, hat Vera Gäbler ihre persönliche Mission beendet. Die junge Frau will daran erinnern, dass bis etwa 1942 jüdische Menschen in Breyell lebten — so viele, dass sie sogar eine Synagoge errichten durften. Fast alle wurden in den Jahren 1940 bis 1942 deportiert nach Riga oder Theresienstadt und umgebracht.

Die Synagoge an der Biether Straße wäre in der vergangenen Woche hundert Jahre alt geworden. Aber Nationalsozialisten und Mitläufer zündeten am 9. November 1938 in einer reichsweit sorgsam koordinierten Aktion jüdische Gotteshäuser an, oder sie brachten sie in eng bebauten Gebieten zum Einsturz.

Auch in Breyell haben Bürger damals die Synagoge angezündet — und diese Tat nach Kriegsende geflissentlich "vergessen". Vera Gäbler stieß erst auf die Geschichte der Breyeller Juden, als ihr Vater Helmut Lienen ihr ein Stück buntes Fensterglas zeigte. Der einstige Vorsitzende des Heimatvereins hatte es von einem Augenzeugen erhalten: Der Breyeller hatte es am 10. November 1938 in den Trümmern entdeckt und mitgenommen.

Kontakt zu Jack Klaber

Vera Gäbler begann zu forschen und kam über die "Aktion Stolpersteine" des Kölner Bildhauers Gunter Demnig an die Adresse von Jack Klaber in Israel: Er ist der Sohn zweiter Ehe des Viehhändlers Fritz Klaber, der als einziger Jude Breyells den Holocaust überlebte und nach 1945 für kurze Zeit zurückkehrte.

Die erste Frau Fritz Klabers, Ilse Klaber, und ihr fünfjähriger Sohn Werner, wurden am 11. Dezember 1941 ins KZ Riga deportiert. Die genauen Umstände ihres Todes sind nicht bekannt. Vera Gäbler korrespondiert seit ihrem ersten Kontakt, den sie sehr vorsichtig und einfühlsam aufnahm, mit Jack Klaber per E-Mail, getroffen haben sich beide auch schon.

Dank ihrer Beharrlichkeit gelang es Vera Gäbler, Sponsoren für die Stolpersteine zu finden, die am 11. November, nahe der Josefstraße 62 und Felderend 25 verlegt werden. Im Haus an der Josefstraße lebten die Familien Klaber und Levi, in Felderend lebte Fritz Klabers Mutter Babette (Bernhardine) Klaber. Sie wurde im Juli 1942 deportiert. "Die Nazis haben das Haus in der Josefstraße damals als ihr Parteigebäude konfisziert", berichtet Helmut Lienen. Breyeller Nazis erpressten von der jüdischen Familie übrigens 1938 auch die Kosten der Aufräumungsarbeiten der von ihnen niedergebrannten Synagoge.

Nicht überall ist Vera Gäblers Initiative auf Verständnis oder gar Zustimmung gestoßen. "Was haben wir damit zu tun?" hat die Breyellerin oft gehört. Sie ließ sich davon nicht beirren, sondern machte das Erinnern zu ihrer Sache. Dankbar ist sie vor allem der Stadt. "Dort habe ich offene Türen eingerannt." KOMMENTAR

(RP)
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