Nettetal Die grüne Stadt wird immer grauer

Nettetal · Umweltschützer und Politiker warnen vor den negativen Folgen einer zunehmenden Bodenversiegelung nicht nur für den Hochwasserschutz. Der Trend zu Schotter und Plastikzäunen in Privatgärten ist ökologisch bedenklich

 Guido Gahlings von den Grünen nutzt den Geo-hydrologischen Wassergarten im Grenzwald, um zu erklären, was Bodenversiegelung heißt und welche Folgen sie hat.

Guido Gahlings von den Grünen nutzt den Geo-hydrologischen Wassergarten im Grenzwald, um zu erklären, was Bodenversiegelung heißt und welche Folgen sie hat.

Foto: jobu

Er pumpt und pumpt, hebt den Schwengel hoch und drückt ihn nieder, immer wieder. Wo das Wasser aus der Pumpe auf Rasen läuft, versickert es schnell, auf Schotter langsamer, auf Pflastersteinen oder gar Beton fließt es einfach ab. "Hier kann man prima sehen, welche Bodenmaterialien das Wasser gut durchlassen und welche nicht", demonstriert Ratsherr Guido Gahlings (Grüne) an der Schau-Anlage im Geo-hydrologischen Wassergarten der Stadtwerke. Dem Vorsitzenden des Umweltausschusses geht es um Aufklärung, denn "die Probleme für die Natur durch versiegelte Bodenflächen scheinen vielen Nettetalern gar nicht bewusst".

So sperrig das Wort Bodenversiegelung klingt, so dramatisch ist seine Bedeutung für die Umwelt: "Es geht darum, dass Wasser von immer mehr versiegelten Flächen in die Kanalisation abfließt, dadurch sinkt der Grundwasserspiegel, die Böden trocknen aus, Lebensräume im Kleinklima verschwinden, die Hochwassergefahr steigt", sagt der Grünen-Fraktionschef und nennt die schlimmsten Folgen. Umweltschützern und Politikern bereitet die Zunahme von versiegelten Flächen auf Privatgrundstücken, abgesehen von Straßen und Parkplätzen, Sorgen: "Das kann so nicht weitergehen!"

Den Stein ins Rollen brachte die SPD, die eine neue Bestandsaufnahme versiegelter Flächen in Nettetal veranlassen wollte. Dazu kommt es zwar nicht, doch nun haben sich die Fraktionen, sofern nicht bereits damit befasst, das Thema wieder zu Eigen gemacht. Gahlings: "Vor 15 Jahren hatte die Stadt eine Infobroschüre für die Bürger über Flächenversiegelung beim Hausbau herausgebracht, da müsste mal etwas Neues her."

Diese Broschüre enthielt "Tipps zur naturnahen Oberflächengestaltung von Wegen und Flächen". So alt das Heftchen sein mag, am Inhalt hat sich grundsätzlich kaum etwas geändert: "Die Befestigung und Versieglung von Flächen zerstört Lebensräume für Tiere und Pflanzen", hieß es beispielsweise.

Seitdem allerdings dürften diese "versiegelten Flächen deutlich zugenommen haben", wie man im Rathaus annimmt. Was jedoch nicht messbar ist: "Wir können kaum kontrollieren, ob jemand auf seinem Grundstück nachträglich Flächen versiegelt", sagt Stadtkämmerer Norbert Müller. Im "Zuge der Gebührengerechtigkeit" müsse sich eigentlich auch jeder Bürger bei der Stadt melden, der in seinem Garten "Schotter mit Folie darunter" verlegt - denn diese Maßnahme gilt als Versiegelung, für die Gebühren fällig werden.

Dabei geht es um die Niederschlagswassergebühren nach dem Grad der Versiegelung und um "Gebühren für die Abwasserkanäle", wie Peter Funken vom städtischen Abwasserbetrieb ergänzt. Doch Gebühren sind nur ein Aspekt bei der Bodenversiegelung. "Es geht auch um Fragen der Ökologie", betont der Kämmerer.

Genau da setzen die Politiker an, appellieren ans Umweltbewusstsein der Bürger. "Es müsste jedem einleuchten, dass eine Garagenzufahrt mit Rasengittersteinen mehr Wasser durchlässt als eine asphaltierte Zufahrt", erläutert Gahlings. In und um Nettetal sei zwar viel Grün, in den bebauten Ortsteilen aber werde "die Stadt immer grauer".

Als Beispiele führt er den Trend an, in Gärten und Vorgärten Gras durch grauen Schotter zu ersetzen sowie Hecken und Sträucher durch sterile Plastikzäune: "So werden Insekten, Spinnen, Vögeln und anderen Tieren Lebensräume weggenommen, die Bedeutung selbst von Vorgärten oder Balkonen mit Pflanzen für die Kreisläufe in der Natur wird leider oft unterschätzt." Um positive Signale zu setzen, könnte er sich einen Wettbewerb mit Prämierung von naturnahen Vorgärten vorstellen: "Das ist eine Überlegung wert." Welche Böden dabei ökologisch sinnvoll, weil wasserdurchlässig sind, könne "man im Wassergarten selbst testen", sagt Gahlings und pumpt erneut Wasser auf die verschiedenen Bodenflächen.

(jobu)
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