Nettetal Die Engel der Kinder von Duschanbe

Nettetal · In Tadschikistan gibt es viele Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Ein Team aus Ärzten, Krankenschwestern und Logopäden arbeitete Ende Mai eine Woche für Tajik Aid. Unter ihnen war auch Narkosearzt Dr. Hartwig Broer.

Missbildungen im Mund- und Rachenraum sind ein schreckliches Schicksal. Die "Hasenscharte" oder der "Wolfsrachen" galten in abergläubischeren Zeiten als heute als "Kainsmal" für den betroffenen Menschen. In Europa werden die Missbildungen inzwischen operativ beseitigt. Es gibt aber auch sehr viele Länder, die zu arm sind und in denen auch das medizinische Wissen und Können nicht ausreicht. Manche Operationen und die daraus nachfolgende Versorgung sind extrem anspruchsvoll. Um Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kümmerte sich in der letzten Maiwoche Dr. Hartwig Broer. Der Oberarzt der Anästhesie des Nettetaler Krankenhauses unterstützt das Hilfsprojekt der Organisation Tajik Aid.

Sechsmal schon war Broer als Narkose-Arzt in Duschanbe, der Hauptstadt Tadschikistans. Er war Teil eines deutsch-österreichischen Teams von Krankenschwestern, mehreren Fachärzten und einer Logopädin. Mehr als 30 Kinder versorgte das Team, einige hatten auch andere Kiefer- und Gesichtsfehlbildungen. Gründer der Organisation ist der Kempener HNO-Arzt Dr. Martin Kamp. Seit 2009 sorgt er für ehrenamtliche Einsätze in Tadschikistan.

Tajik Aid will ein Kompetenzzentrum für Spaltenchirurgie in Tadschikistan aufbauen. Es soll die operative Therapie aller Patienten mit diesen Fehlbildungen im Land bündeln. Einheimische Operateure sollen mittelfristig Patienten auf hohen medizinischen Standards selbst behandeln. Dazu zählen auch die HNO-ärztliche Versorgung, die kieferorthopädische und logopädische Behandlung sowie die Versorgung mit Hilfsmitteln.

Erste Schritte sind getan. Die Station wurde renoviert und und ein moderner OP-Trakt geschaffen, Geräte für die Eingriffe sind auch vorhanden. Es wurde eine Klimaanlage installiert und OP-Equipment angeschafft. "Gleichzeitig gelang es uns, die Kenntnisse einiger einheimischer Operateure und Anästhesisten weiter zu vertiefen", berichtet Broer. "Es ist ein gutes Gefühl, die stetige Entwicklung mit zu verfolgen. Zunehmend führt einheimisches Personal immer komplexere Eingriffe unter Beobachtung und Assistenz durch unsere Operateure durch."

Dank der besseren Bedingungen im OP konnte das Team vermehrt sehr kleine Kinder operieren. Das war im vergangenen Jahr noch nicht möglich. Das Team wird unterstützt von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), die deutsche Botschaft in Duschanbe und durch die Nettetaler Hilfsorganisation Human Plus. Sie war beim Transport von Medikamenten und Materialen behilflich und stellte Equipment.

Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte gilt als eine der am häufigsten auftretenden embryonalen Fehlbildungen des Menschen. In Tadschikistan ist die Versorgung der Patienten nach langem Bürgerkrieg mangelhaft. Es gibt wenige Spezialisten, außerdem bekämpft das Land mit dem geringen Geld, das verfügbar ist, die Tuberkulose. In den meisten Fällen kann die Störung durch ein bis zwei Operationen im Säugling- oder Kleinkindesalter effektiv behoben oder deutlich gebessert werden.

www.Tajikaid.de

(RP)
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