Nettetal Das menschliche Wesen erfassen

Nettetal · Künstlerin Dagmar Reichel stellt "Blind-Zeichnungen" von Fotografien aus

 Dagmar Reichel vor ihren "Blind-Zeichnungen", mit denen sie das menschliche Wesen erfasst haben will - derzeit zu sehen im Atelier van Eyck in Nettetal-Leuth.

Dagmar Reichel vor ihren "Blind-Zeichnungen", mit denen sie das menschliche Wesen erfasst haben will - derzeit zu sehen im Atelier van Eyck in Nettetal-Leuth.

Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen)

Wer hat sich das noch nie gewünscht: Einen Menschen wirklich zu erkennen und zu verstehen - hinter sein Wesen, hinter seine Oberfläche zu schauen. Die in Viersen lebende und arbeitende Künstlerin Dagmar Reichel hat sich auf den Weg zu diesem Ziel gemacht. Den Betrachtern hat sie von diesem Vorhaben ein Bild gemacht. Um genau zu sein: Eine ganze Reihe von kleinformatigen "Blind-Zeichnungen", die sie teilweise koloriert hat.

Zu sehen sind diese und weitere Arbeiten seit Sonntag im Atelier van Eyk in Nettetal-Leuth. Ausgangspunkt für die Wesenszeichnungen waren Fotografien von Bekannten und Unbekannten, die sie blind abgezeichnet hat - also den Blick ausschließlich auf den fotografierten Menschen gerichtet. Der Betrachter kann ein Stück des Wesens erfassen, wobei dieses natürlich bereits durch Dagmar Reichel "gesehen" und erfasst wurde.

Was steckt aber hinter der Begrifflichkeit? "'wesenhaft' 1. das Wesen ausmachend; 2. dem Wesen entsprechend" - so wird der Begriff auf der Einladung lexikalisch erläutert. Es ginge darum, das Wesen zu erkennen. Sie sei optimistisch, so Reichel, dass ihr das wenigstens hin und wieder gelinge. Die kleinen Zeichnungen jedenfalls faszinieren in ihrer Beschränkung auf wenige "wesenhafte" Züge, durch ihre Ausdruckskraft.

In zahlreichen Arbeiten von Reichel geht es um das Wesentliche. An einer anderer Stelle "rettet" Reichel "Archetypen". Unter Archetypen versteht die Künstlerin Wesensmerkmale, die möglicherweise verloren gegangen sind - wie etwa die die "Feinsinnigkeit" oder der "gesunde Menschenverstand". Diese Begriffe tauchen aus der Oberfläche weiß bemalter Halbkugeln auf, die an aus dem Boden sprießende Gewächse erinnern. Mögen die Wesensmerkmale wachsen und sich vermehren, möchte man beim Betrachten ausrufen!

Um Wesentliches geht es auch in der Arbeit der "Stellvertreter". Hierbei handelt es sich um kleine Monotypien, die in unterschiedlichen Farben und Schattierungen schlichte Hemdenformen zeigen. Hemden, die einmal Menschen gehört und von ihnen getragen wurden. Die Hemden werden zu Stellvertretern, verweisen auf eine Lücke, die "schön" sei, so Reichel, die "bleiben darf" - nicht jede Lücke muss sogleich wieder gefüllt werden.

Info Die Ausstellung "wesenhaft" im Atelier van Eyk ist bis Sonntag, 8. Mai, donnerstags 14 bis 18 Uhr und am Wochenende von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

(b-r)
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