Nettetal Beim Basteln auch fürs Leben lernen

Nettetal · Carolin Linde (18) engagiert sich im Bundesfreiwilligendienst für Flüchtlinge: "Mit Kindern zu arbeiten, das macht am meisten Spaß"

 Im Begegnungscafé Breyell bastelt Carolin Linde mit geflüchteten Kindern. Weihnachten ist für sie ein spannendes Thema.

Im Begegnungscafé Breyell bastelt Carolin Linde mit geflüchteten Kindern. Weihnachten ist für sie ein spannendes Thema.

Foto: Jobu

Strahlend rennen die Kinder auf die zart wirkende, junge Frau mit dem hellblonden Haar zu, Manche umarmen sie stürmisch, sie rufen voller Freude ihren Namen: "Hallo, Carolin!"

Carolin Linde, die das fröhliche Lachen der Kinder erwidert, führt die kleine Gruppe an und und nimmt sie mit zum Basteltisch, der im Begegnungscafé in Breyell steht. Dort hat die 18-Jährige eine Aufgabe für den Bundesfreiwilligendienst übernommen. "Mit Kindern zu arbeiten, das macht eigentlich am meisten Spaß", sagt die Lobbericherin. Allerdings: Während ihres Bundesfreiwilligendienstes bei der Nettetaler Flüchtlingshilfe hat sie auch mit Situationen zu tun, die ihr einiges abverlangen.

Im Begegnungscafé in Breyell ist viel los. Geflüchtete Familien und ehrenamtliche Helfer haben manches zu besprechen. Dort tauschen sich auch einige Mütter mit anderen aus; dazu fehlt ihnen in den Gemeinschaftsunterkünften die Gelegenheit. Ihre Kinder sind derweil gut beschäftigt. Deren Betreuung hat Carolin Linde übernommen. Wie viel Freude ihr diese Aufgabe bereitet, das ist sofort zu spüren. "Alle sind so herzlich, so freundlich, Erwachsene wie Kinder, da fühlt man sich gut angenommen", schildert sie ihre Erfahrungen. Selbstverständlich sei das nicht, dass man als junge Frau respektiert werde, das mache ihr Mut.

Die junge Lobbericherin hat ein prima Abi an der Liebfrauenschule in Mülhausen abgelegt, wollte eigentlich studieren, zögerte aber noch: "Irgendwie schien es mir sinnvoller, zwischen Schule und Studium was Praktisches zu tun", meint sie. Unterschiedliche Freiwilligendienste hätten sich angeboten, mit Tätigkeitsfeldern in der Natur, im Ausland oder im Pflegeheim. Warum also dann Flüchtlingsarbeit? "Ich habe immer schon bewundert, wie gut die Flüchtlingshilfe in Nettetal läuft, wie viele Menschen sich ehrenamtlich engagieren. Da dachte ich, vielleicht kann ich etwas mithelfen, auch etwas für geflüchtete Menschen tun."

Und das tut sie nun. So unterstützt Carolin Linde zum Beispiel die Ehrenamtler in der Kleiderkammer der Flüchtlingshilfe, hilft beim Sprachunterricht, begleitet Flüchtlinge zu Ärzten oder Behörden, dolmetscht bei Bedarf - Carolin spricht Arabisch. Ihr Haupteinsatz liegt in der Kolping-Einrichtung Leutherheider für geflüchtete Menschen in Leutherheide.

"Der Bundesfreiwilligendienst ist beim Kolping-Diözesanverband angesiedelt, wir kooperieren mit Kolping", erläutert Ralf Schröder vom Vorstand des Fördervereins Nettetaler Flüchtlingshilfe. Das Kolpingwerk hat seine Einrichtung Leutherheider an die Stadt Nettetal vermietet, die es als Gemeinschaftsunterkunft für geflüchtete Menschen nutzt. Schröder ist Ansprechpartner für Carolin Linde und lobt ihr "großartiges Engagement".

Nicht so angetan davon sind einige, denen Linde von ihrem Freiwilligendienst erzählt: "Da gibt es Vorurteile über Flüchtlinge. Ich solle mich in Acht nehmen vor den jungen Männern aus arabischen Ländern", schildert sie. Und schüttelt den Kopf: "Sowas sagen Menschen, die noch nie mit Flüchtlingen zu tun hatten, ich habe nur positive Erfahrungen gemacht, im Miteinander begegnet man sich mit Respekt." Zudem höre und lerne sie viel von den geflüchteten Menschen über ihre Heimatländer.

Selbstbewusst tritt Carolin Linde auf, wirkt dadurch älter und gefestigt. Und doch muss sie mitunter um ihre Fassung ringen: "Ich habe miterlebt, wie eine Familie, die sich hier sehr um Integration bemühte, abgeschoben wurde", erinnert sie sich. "Das war schon hart, das schüttelt man nicht so einfach ab." Dabei schaut Carolin kurz zur Seite, hält inne für einen Moment, bevor sie wieder lächelt und sagt: "Ich hab halt lernen müssen, allen Menschen kann man nun mal nicht helfen." Umso mehr wolle sie ein Studium wählen, "mit dem ich was tun kann für andere Menschen".

Während Carlin Linde erzählt, werden die Kinder am Basteltisch ungeduldig. Die junge Frau scherzt mit den Kleinen, greift zu Schere und Papier und erklärt: "Wir basteln Weihnachtsschmuck, die Kinder wollen alles wissen über Weihnachten, unsere Bräuche und Feste."

(jobu)
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