Nettetal 100 grüne Luftballons gegen Berlin

Nettetal · Ärzte und Schwestern, Auszubildende, Angestellte und Leiter standen gestern vor dem Krankenhaus Nettetal Seite an Seite. Gemeinsam machten sie ihrem Ärger über das neue Krankenhausstrukturgesetz Luft.

 Symbolischer Protest gegen die "Krankenhausreform": Die Mitarbeiter vor dem Krankenhaus in Lobberich lassen 100 Luftballons in den Nettetaler Himmel gen Berlin steigen .

Symbolischer Protest gegen die "Krankenhausreform": Die Mitarbeiter vor dem Krankenhaus in Lobberich lassen 100 Luftballons in den Nettetaler Himmel gen Berlin steigen .

Foto: Busch

"Da wird etwas am grünen Tisch entschieden, das in der Praxis so nicht hinhaut", zeigte sich Klaus Schmitz, Betriebsleiter des Gesundheitszentrums NetteVital verärgert. "Da hat die Politik nicht zu Ende gedacht", fügt er hinzu.

Auch Gertrud Bollessen, leitende Intensivfachschwester war mächtig verärgert und sauer auf die Politik. "Es ist doch schon schlimm genug, durch die geplante Reform wird es ja nur noch schlimmer. Wir sind jetzt schon zu knapp besetzt, wir brauchen mehr Personal und mehr Zeit für die Patienten statt Bürokratie", sagte sie und erhielt von den umstehenden Kolleginnen und Kollegen ein zustimmendes Nicken.

Mehr als 100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beteiligten sich an der bundesweiten Protest-Aktion zum Krankenhausstrukturgesetz. "So nicht", hieß es auf den roten Karten, die sie mit den grünen Luftballons pünktlich vor dem Regenschauer Richtung Berlin fliegen ließen. Als Empfänger war der Deutsche Bundestag vermerkt. Die beiden angehenden Gesundheitspfleger Stefan Klawon uns Karsten Winert hatten sich aus Solidarität der Demonstration angeschlossen. "Wir sind noch in der Ausbildung, aber was die vorhaben, klappt so nicht", konnten sie aus ihrer noch jungen Erfahrung bereits sagen.

Ob Mitarbeiter aus der Pflege, aus der Verwaltung, aus dem Gesundheitszentrum, der Röntgen-Abteilung oder den übrigen Abteilungen, alle hatten einen Teil ihrer Mittagspause geopfert, um sich an der Protest-Aktion zu beteiligen.

Ärzte, ob Chefarzt, Ober-, Assistenz- oder Stationsarzt, eine große Solidaritätsgemeinschaft, hatte sich im Krankenhaus-Park versammelt. Auch Mitarbeiter der städtischen Verwaltung sowie der 1. Beigeordnete der Stadt, Armin Schönfelder, ließen einen Luftballon gen Himmel steigen. Schon gestern begab sich Krankenhaus-Geschäftsführer Jörg Schneider am frühen Morgen gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen Sabine Götz, Heike Dörner, Sonja Voss und Angelique Hirsch auf den Weg zum Düsseldorfer Flughafen, um pünktlich zur Kundgebung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) am Brandenburger Tor zu sein. Gemeinsam mit tausenden Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland nahm die Nettetaler Delegation an der zentralen Demonstrationsveranstaltung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Dachverband aller Kliniken im Land, teil. Und während sich Zuhause in Nettetal die Mitarbeiter des Krankenhauses zu einer "Aktiven Mittagspause" zu der Protest-Aktion formierten, hörte die Nettetaler Delegation dem Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Thomas Reumann, dem Präsidenten des Deutschen Pflegerates, Andreas Westerfellhaus, Rudolf Henke vom Marburger Bund und dem Präsidenten der Bundesärztekammer, Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery sowie weiteren hochrangigen Vertretern aus dem Gesundheitswesen und der Gewerkschaft Verdi zu und bekundeten ihre Äußerungen mit viel Beifall.

Ob in Berlin oder Nettetal, jeder Teilnehmer der Protest-Aktion hatte nur ein Ziel vor Augen: die Politik wachzurütteln. "Den Kliniken wird durch die Neuregelungen wiederum Geld entzogen. Wir brauchen mehr Investitionsmittel statt noch mehr Sanierungsstau", kritisierte Geschäftsführer Jörg Schneider im Gespräch mit unserer Redaktion die neue Reform.

Die Kritik der Krankenhäuser: Die Reform sorge dafür, dass die Krankenhauslandschaft sich auf marktwirtschaftliche Weise bereinige, ohne dass Politiker unliebsame Entscheidungen zu Schließungen treffen müssen. Zwar gebe es auf den ersten Blick mehr Geld, aber viele Zuschläge würden dafür reduziert - was für die Krankenhäuser am Ende eine Minusrechnung bedeutet.

(ivb)
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