Moers Wir4: "Wir sind noch lange nicht am Ende"

Moers · Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg haben sich im Jahr 2000 zusammengetan, um als Einheit Wirtschaft und Gewerbe zu fördern. Jetzt geht Vorstand Hans-Peter Kaiser von Bord. Zeit für eine Zwischenbilanz.

 Ausgedehnte Grünflächen gehören zum Konzept des Gewerbeparks Genend. Nur die Hälfte der insgesamt mehr als eine Million Quadratmeter Fläche sind für die Bebauung vorgesehen.

Ausgedehnte Grünflächen gehören zum Konzept des Gewerbeparks Genend. Nur die Hälfte der insgesamt mehr als eine Million Quadratmeter Fläche sind für die Bebauung vorgesehen.

Foto: Klaus Dieker

Die Idee lässt sich auf die Formel "Gemeinsam geht es besser" reduzieren: Vier Kommunen - Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg - tun sich zusammen, um als Einheit Wirtschaft und Gewerbe zu fördern. "Wir4" nennt sich das Modell, das seit dem Jahr 2000 Bestand hat. "Es ist landesweit die einzige Initiative, die so arbeitet", sagt Hans-Peter Kaiser, seit der Gründung Vorstand der Wir4-Wirtschaftsförderung. Heute tritt der 65-Jährige den Ruhestand an. Seine Nachfolgerin soll Brigitte Jansen werden, ehemalige Wirtschaftsförderin in Kalkar, die bereits im Sommer zum fünfköpfigen Wir4-Team gestoßen ist.

Keimzelle der Städtepartnerschaft ist der in den 1990er Jahren entwickelte Grafschafter Gewerbepark Genend. Viele identifizieren ihn mit Wir4. Das sei aber nicht richtig, betont Kaiser. "Die Kommunen haben vereinbart, nicht nur die dortigen Flächen, sondern alle Gewerbeflächen in den vier Städten über Wir4 zu vermarkten." Es gehe darum, Wirtschaftskraft in der Region zu halten, oder in diese zu locken, und Arbeitsplätze einzurichten. "Wenn sich ein Unternehmen ansiedelt, dann arbeiten dort auch Leute aus benachbarten Städten", sagt Kaiser. So versuche Wir4 nicht "auf Teufel komm raus" Grundstücke zu verkaufen. Das Ziel laute, je 10.000 Quadratmeter Fläche 30 bis 35 Arbeitsplätze zu schaffen.

Wir4 habe die Ansiedlung von insgesamt 150 Unternehmen mit 5170 Beschäftigten in der Region begleitet. Allein im Gewerbepark Genend gebe es 70 Betriebe mit 1750 Mitarbeitern. Wir4 habe die erfolgreiche Bewerbung als Standort für die Hochschule Rhen-Waal begleitet. Und auch die Entwicklung von Logport IV in Kamp-Lintfort sei ein gemeinsamer Erfolg. "Kamp-Lintfort hätte allein gar nicht so viel neue Industrieflächen ausweisen dürfen."

Dass im Gewerbepark Genend heute noch 200.000 von insgesamt 550.000 Quadratmetern vermarktbarer Fläche brach liegen, war ursprünglich allerdings nicht vorgesehen. Mit einer Bebauungsplanänderung wollen Politik und Verwaltung die Vermarktung ankurbeln. Zukünftig, so Kaiser, solle sich auch Einzelhandel ansiedeln dürfen, soweit er nicht den Stadtzentren schade - zum Beispiel Autohäuser. Betriebe, die im Gewerbegebiet produzieren, sollen zudem einen Teil ihrer Erzeugnisse vor Ort verkaufen dürfen. "Wir hatten zum Beispiel Anfragen von Schreinereien, die Türen und Fenster verkaufen wollten. Das war bisher aber nicht möglich."

Die Überwindung des Wettbewerbsdenkens in den Kommunen sei ein Prozess gewesen, der nach der Gründung von Wir4 angedauert habe. "Zum Glück sind diese Zeiten vorbei", sagt Kaiser. Als 2007 das Kommunale Rechenzentrum ankündigte, von Moers nach Kamp-Lintfort zu gehen, kochte der Ärger so hoch, dass teils Wir4 infrage gestellt wurde. Auch im Zuge der Fusion der Sparkasse Kamp-Lintfort mit Duisburg knirschte es im Getriebe. Dass letztlich die rechtsrheinische Sparkasse Duisburg zum Zuge kam, sah mancher als Niederlage.

Rund 400.000 Euro lassen sich die Wir4-Kommunen die gemeinsame Wirtschaftsförderung kosten, die Hälfte übernimmt Moers. "Mit dem Ende der Ära Kaiser hätte man überlegen können, ob das so weiter geht", sagt Bürgermeister Christoph Fleischhauer. Doch für ein Ende der Zusammenarbeit gebe es keinen Grund. Er weist auch auf das Engagement von Wir4 für die Ausbildung und Fachkräfte-Qualifizierung. "Wir sind noch lange nicht am Ende mit dem, was die gemeinsame Wirtschaftsförderung leisten kann."

Dennoch gibt es Stimmen, die sich wünschten, dass Moers künftig mehr von Wir4 profitiert. "Neukirchen-Vluyn hat Kerrygold bekommen, Kamp-Lintfort die Hochschule, Rheinberg Amazon - und wir?" fragt CDU-Fraktionschef Ingo Brohl. Die "regionale Karte" sei bei Wir4 bisher zu selten zugunsten von Moers gezogen worden.

(RP)
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