Erben Und Vererben Eine Serie Von Rheinischer Post Und Sparkasse Duisburg Wenn dem Anwalt der Kragen platzt...

Moers · Erbschaftsstreitigkeiten sind gar nicht so selten und landen bisweilen sogar vor Gericht. Manchmal können die Anwälte der jeweiligen Parteien das noch so gerade abbiegen.

 Ein rechtsgültiges und eindeutig ausformuliertes Testament kann Erbstreitigkeiten meist verhindern, aber nicht immer. Häufig kommt eine Einigung der Erben nur über Anwälte zustande.

Ein rechtsgültiges und eindeutig ausformuliertes Testament kann Erbstreitigkeiten meist verhindern, aber nicht immer. Häufig kommt eine Einigung der Erben nur über Anwälte zustande.

Foto: kai remmers/dpa

Friedlich und im guten Einvernehmen - so wird eine Erbschaft im besten Fall unter denen aufgeteilt, die Anspruch haben. Denn diese Vermögenswerte haben sich die Erben schließlich nicht selber verdient, sondern sie erhalten quasi Geschenke. Und über die kann man sich bekanntlich freuen oder auch nicht, aber sicherlich nicht streiten.

Doch Erbschaftsstreitigkeiten sind gar nicht so selten und landen bisweilen sogar vor Gericht. Manchmal können die Anwälte der jeweiligen Parteien das noch so gerade abbiegen, wie in folgendem Fall, der sich wirklich ereignet hat, wobei wir auf Namensnennungen verzichten (müssen):

Zwei Geschwister aus Neudorf hatten einen größeren Immobilienbesitz geerbt. Der Wert bewegte sich zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro. Der junge Mann und seine etwas ältere Schwester hatten schon zu Lebzeiten nicht das allerbeste Verhältnis. Als sie nach dem Tod ihres Vaters (die Mutter war schon vorher gestorben) das Erbe unter sich aufteilen sollten, krachte es mächtig. Beide nahmen sich schließlich Anwälte, um ihre Interessen durchzusetzen.

Über Monate zogen sich die Auseinandersetzungen, ohne dass eine Einigung möglich erschien. Einer der beiden Anwälte schlug schließlich ein Acht-Augen-Gespräch vor, auf das sich beide Parteien einließen. Die beiden Juristen vereinbarten, so lange mit den zerstrittenen Geschwistern am Tisch sitzen zu bleiben, bis sie ein Ergebnis erzielt hatten - quasi eine Art Konklave. Über Stunden zogen sich die Verhandlungen in die Länge. Und am Ende schien es tatsächlich so, als sei der große Immobilienbesitz unter den beiden Kindern so aufgeteilt, dass sich keines übervorteilt fühlt. Doch dann merkte die Schwester an, ihre Eltern hätten (im Gegensatz zu ihrer Ausbildung) das Studium des Sohnes finanziert. Zudem lebe er in einer der elterlichen Wohnungen, die ein paar Quadratmeter größer sei als ihre, ebenfalls eine, die den Eltern gehört hatte. Und wieder rechneten die beiden Anwälte aus, wie groß die Differenz wohl sei, die der Bruder an seine Schwester zu zahlen habe. Es ging hin und her, und am Ende war noch ein Betrag von nur von 100 Euro (zur Erinnerung: Es handelte sich um ein Millionenerbe), die die Schwester von ihrem Bruder haben wollte. Doch der weigerte sich zu zahlen. Dem Anwalt der einen Partei platzte schließlich der Kragen. Er holte sein Portemonnaie heraus, legte 50 Euro auf den Tisch und überzeugte seinen Kollegen, das Gleiche zu tun. Die junge Frau strich die 100 Euro ein, und der Fall war erledigt. Dass sich die beiden Anwälte später über ihre Rechnungen das Geld zurückholten, sei nur am Rande erwähnt.

Aber es kann auch ganz anders sein, nämlich friedlich: Die drei Geschwister, die trotz größerer Entfernung immer in gutem Kontakt standen, bekamen sich übers Erbe nicht in die Haare. Erst nach der Beerdigung machten sie sich Gedanken darüber, wie sie das elterliche Vermögen aufteilen wollten. Dazu zählten neben einem Einfamilienhaus vor allem Wertgegenstände, die die Eltern zu ihren Lebzeiten angeschafft hatten. Obwohl alle drei Kinder inzwischen selbst Familie hatten, entschieden sie, dass zunächst nur sie durchs elterliche Haus gehen würden um sich auszusuchen, was sie an Wert- und Erinnerungsstücken gerne hätten. Nach dem Rundgang setzten sie sich zusammen, listeten auf, wer was haben will, einigten sich, wenn an einem Gegenstand das Herzen von zweien oder allen dreien hing. Und erst danach ließen sie ihre eigenen Angehörigen über die Verwendung des Rests entscheiden. Ohne juristischen Beistand fädelten die drei auch den Hausverkauf durch einen Makler ein und teilten dann das Geld brüderlich-schwesterlich auf. Fragt man Anwälte, die häufiger Erben vertreten, dann bestätigen sie, dass so viel Harmonie nicht die Regel ist, aber auch nicht selten vorkommt. Andererseits sind Streitereien wie anfangs geschildert eher eine Ausnahme. Doch die meisten haben in ihrer Berufszeit immer wieder feststellen müssen: Nicht die Erben sind das Problem, sondern meistens der "Anhang".

(RP)
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