Strenge Vorschriften, zu wenig Personal Warum die Polizei im Kreis Wesel Facebook nicht nutzen kann

Moers · Für die Kreispolizei in Wesel sind die sozialen Medien derzeit verbotenes Terrain. Der Innenminister erlaubt und begrüßt die Nutzung zwar. Die Weseler Polizei kann aber die daran geknüpften Voraussetzungen derzeit nicht erfüllen.

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Der Fall machte in Moers Schlagzeilen und beunruhigte eine ganze Stadt. Ein junger Mann schlug ohne erkennbaren Anlass innerhalb weniger Minuten zwei Frauen in Meerbeck und Hochstraße brutal zusammen und verletzte sie schwer. Doch während über den Fall auf Facebook bereits Bilder eines der Opfer und Zeugenberichte liefen, sprach die Kreispolizei Wesel in einer Pressemitteilung nur von einem Fall und einem Opfer.

Kein böser Wille der Pressestelle, sondern eine Kommunikationspanne, wie sie in einer Behörde schon mal passiert. Erst durch Nachfragen unserer Redaktion wurde die Kreispolizei Wesel auf den Fehler aufmerksam. Einen eigenen Zugang zu Facebook haben die Beamten allenfalls privat, nicht aber dienstlich.

 Der Screenshot oben zeigt die Facebook-Seite unserer Redaktion, mit der wir die Polizei nach der Fahndung des Schlägers unterstützten. Rechnerisch wurden damit zwei von drei Moersern erreicht.

Der Screenshot oben zeigt die Facebook-Seite unserer Redaktion, mit der wir die Polizei nach der Fahndung des Schlägers unterstützten. Rechnerisch wurden damit zwei von drei Moersern erreicht.

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Dabei ist die Kommunikation über soziale Medien für viele Polizeibehörden in NRW inzwischen Standard. Unter den 19 Polizeipräsidien, die soziale Medien nutzen, sind Großbehörden wie Köln und Düsseldorf, aber auch Landkreise wie Paderborn und Soest.

Daniel Freitag, Pressesprecher der Polizei in Wesel, ist privat ein eifriger Nutzer von Facebook und Twitter. Persönlich könnte er sich den Einsatz auch gut in seiner Dienststelle vorstellen. Einerseits könne man dort die Berichte über Polizeieinsätze posten, die auch jetzt schon im Internet veröffentlicht werden. "Vor allem aber bieten sich die sozialen Medien zur Kriminalprävention an. Zum Beispiel, um vor Taschendieben oder Einbrechern zu waren."

Ein Beispiel dafür liefert das Hagener Polizeipräsidium. Dort wurde vor einigen Tagen eine Grafik veröffentlicht, die genau zeigt, in welchen Stadtteilen innerhalb der vergangenen Woche Einbrüche verübt wurden. Aber auch zur sofortigen Information der Bevölkerung bei Großlagen könnten die sozialen Medien hilfreich sein: zum Beispiel, um darauf hinzuweisen, dass bestimmte Straßen gesperrt sind. Grundsätzlich hätte auch die Kreispolizei Wesel laut einem Erlass des Innenministers die Möglichkeit, die sozialen Medien zur Kommunikation mit dem Bürger zu benutzen. Allerdings verhindern die Ausführbestimmungen, dass das geschieht. "Dazu müssten wir mehr Personal haben", sagt Freitag.

Auf manche Posts muss die Polizei sofort reagieren

Die Behörde habe nämlich sicherzustellen, dass die Postings und die sich daraus ergebenden Reaktionen 24 Stunden am Tag überwacht werden. "Bei einer Suizidandrohung oder der Mitteilung einer Straftat muss sofort gehandelt werden", sagt Freitag. Zudem hätten die User auch die Erwartung, dass innerhalb von zwei Stunden auf einen Post reagiert werde. Innerhalb der Dienstzeiten einer Pressestelle sei das aber nicht möglich, sagt Freitag. Hinzu kommt das Problem der in jüngster Zeit ausufernden Kommentare mit rechtsradikaler Tendenz. Volksverhetzende Beiträge müssten umgehend entfernt werden.

Diese Erfahrung scheint auch die Hagener Polizei gemacht zu haben: Ein Bericht über eine Rangelei in einer Flüchtlingsunterkunft ist mit der Bitte versehen, sich auf sachliche Bemerkungen zu beschränken.

Aber könnte die Polizei nicht wenigstens Hinweisen auf Straftaten in geschlossenen lokalen Nutzergruppen nachgehen? Das könne nur in Ausnahmefällen geschehen, sagt Freitag. Denn um als Benutzer zugelassen zu werden, müsse die Behörde eine eigene eine Facebook-Seite vorhalten, was aber aus personellen Gründen in Wesel derzeit nicht möglich sei. Gelegentlich würden allerdings Kollegen ihren eigenen Account nutzen, um sich über die sozialen Medien zu informieren.

Freitag räumt ein, dass häufig polizeilich relevante Tatbestände über soziale Medien bekannt würden: "Das ist so. Ich kann allerdings nicht nachvollziehen, warum man nicht als erstes die 110 anruft und die Polizei direkt informiert. Dann können wir auch sofort reagieren."

(RP)
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