Moers Vor Gericht sind Polen nicht verloren

Moers · Rechtsanwältin Katharina Paul hat sich auf die juristische Beratung polnischer Landsleute spezialisiert.

 Katharina Paul spricht Polnisch genauso gut wie Deutsch. In diesem Frühjahr ist die Rechtsanwältin mit ihrer Kanzlei nach Moers umgezogen.

Katharina Paul spricht Polnisch genauso gut wie Deutsch. In diesem Frühjahr ist die Rechtsanwältin mit ihrer Kanzlei nach Moers umgezogen.

Foto: Stoffel

Katharina Paul ist Rechtsanwältin. In diesem Frühjahr hat sie ihre Kanzlei von Duisburg nach Moers verlegt. Ihre Büroräume hat sie an einem Ort bezogen, der für eine Anwaltskanzlei eher ungewöhnlich ist: auf der Rückseite eines denkmalgeschützten Gebäudes, das früher einmal zum Komplex der Schachtanlage IV gehörte. "Das ist ein sehr gut gelegenes Büro. Mit dem Umzug komme ich meinen Mandanten einen Schritt entgegen", sagt sie.

Die Menschen, die sie rechtlich berät oder vor Gericht vertritt, leben am gesamten Niederrhein bis hin ins westliche Ruhrgebiet. Der weite Einzugskreis hängt in erster Linie damit zusammen, dass Paul ein seltenes "Spezialgebiet" hat: Sie spricht Polnisch.

"Mit sechs Jahren bin ich im Zuge der Spätaussiedlung nach Deutschland gekommen", berichtet Rechtsanwältin Paul. "Polnisch spreche ich genauso gut wie Deutsch." Das wissen die polnisch-stämmigen Mandanten zu schätzen, die Paul in ihrer Mandantendatei führt. Fast unbemerkt sind die Nachbarn aus dem Osten in den vergangenen 125 Jahren zu einer großen Gemeinschaft in Deutschland herangewachsen. "Polnisch-stämmige Mitbürger sind um Anpassung bemüht", sagt Paul. "Es hapert nur ziemlich oft an der Sprache, was meist zu Missverständnissen und möglicherweise zu rechtlichen Problemen führt."

Dennoch gibt es viele, die Probleme mit der deutschen Sprache haben, zumindest der Sprache, die in Verträgen oder vor Gericht gesprochen wird. "Aber ich vertrete auch zahlreiche Polen, die in den Niederlanden arbeiten und nur Englisch können, und polnische Firmen, die in Deutschland tätig sind. Das ist natürlich ein Problem, wenn es in Deutschland zu einem Rechtsstreit kommt."

Aber es sind nicht allein die Sprachkenntnisse, die ihr Mandanten von weither bescheren. Rund 50 Prozent der Menschen, die zu ihr kommen, schätzt Paul, sprechen so gut Deutsch, dass sie eigentlich keine polnischsprachige Anwältin benötigen. Aber viele wüssten eben zu schätzen, dass Paul weiß, was die polnische Seele braucht. "Meine Mandanten sind sehr fleißig und flexibel", berichtet sie. "Wenn ein Deutscher meint, es gäbe nur die Lösung A oder B, suchen Polen häufig noch nach der Variante C. Zudem sind Polen sehr höflich. Da sollte man erst etwas Smalltalk halten, bevor man zur rechtlichen Angelegenheit kommt. Meine Mandanten gehen nicht gerne vor Gericht. Da muss ich oft Überzeugungsarbeit leisten, ehe sie sich auf eine Klage einlassen", erklärt die Juristin.

Zudem gebe es auch trotz der EU-Zugehörigkeit Polens noch etliche Unterschiede in den beiden Rechtssystemen, sagt Paul, die sich vornehmlich um Miet-, Verkehrs- und Arbeitsgerichtssachen kümmert. "In Polen etwa genießt ein Arbeitnehmer Kündigungsschutz, so lange er krank ist. Das kann in Deutschland natürlich zu bösen Überraschungen führen, wenn der Arbeitnehmer nicht weiß, dass es hier anders läuft."

Möglicherweise genießen viele Mandanten das Vertrauen, das sie von einer "Amtsperson" erfahren, die die gleiche Muttersprache spricht wie sie. "Trotz der langen Einwanderungsgeschichte, die Polen in dieser Region haben, kommt es leider immer noch vor, dass Menschen nicht ernst genommen werden, wenn sie einen polnischen Akzent sprechen." Da wenden sie sich dann nach einer Suche im Internet an Katharina Paul. Und die kann, was die Rechte ihrer Mandanten angeht, ziemlich humorlos sein.

(RP)
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