Serie Hier Bedient Der Chef Noch Selbst Vom Eiscafé zum Fachgeschäft für Spiele

Moers · Offiziell heißt das Geschäft an der Moerser Straße "Spielerei", doch jeder kennt es unter dem früheren Namen "Bally".

 "Spielerei"-Seniorchefin Gabriele Czikowski hat früher als Verkäuferin bei "Bally Spielwaren" gearbeitet. Viele ihrer früheren Kunden kommen heute mit ihren eigenen Kindern ins Geschäft.

"Spielerei"-Seniorchefin Gabriele Czikowski hat früher als Verkäuferin bei "Bally Spielwaren" gearbeitet. Viele ihrer früheren Kunden kommen heute mit ihren eigenen Kindern ins Geschäft.

Foto: Klaus Dieker

Kamp-Lintfort Der Zufall, der ihr Leben veränderte, ereilte Nadine Czikowski (39) vor zehn Jahren. Die Kamp-Lintforterin war alleinerziehende Mutter, studierte Sozialpädagogik und Psychologie und jobbte nebenher bei "Spielwaren Bally". Als der damalige Eigentümer sich zur Ruhe setzen wollte und das Geschäft zum Verkauf anbot, schmiss die junge Frau das Studium und griff zu. "Die Idee fand ich super. Ich hab das als Herausforderung gesehen - mal gucken, ob's funktioniert", sagt sie. Es funktioniert bis heute.

Dass dies so ist, liege allerdings auch daran, dass ihre Eltern ihr zur Seite stehen, sagt die Inhaberin. "Nur so ist es möglich, den Laden zu führen." Ihre Mutter Gabriele Czikowski sei die eigentliche "gute Seele" des Geschäfts, sagt die Inhaberin. Die Seniorchefin steht jeden Tag im Laden. Sie war schon bei Spielwaren Bally als Verkäuferin beschäftigt gewesen. "Viele Kunden kenne ich noch als Kinder. Heute kommen sie mit ihren eigenen Söhnen und Töchtern", erzählt die 61-Jährige. Der Umgang mit den Menschen sei es, der ihre Arbeit so schön mache.

Die Ursprünge des Geschäfts an der Moerser Straße 240 sind Gabriele Czikowski bestens vertraut. "Früher war das hier eine Eisdiele. Im Keller kann man noch das Podest sehen, auf dem die Eismaschine stand." Die Eis-Macherin, genannt Tante Bally, war eine Kamp-Lintforter Legende. "Jeder kannte sie." Tante Ballys Sohn habe ein Sport- und Ledergeschäft drei Häuser weiter gehabt, "später kamen Spielwaren dazu." Als Tante Bally ihren Eissalon aufgab, zog der Sohn mit seinem Geschäft in das Haus um. Der alte Name "Spielwaren Bally" hat sich so eingebürgert, dass Nadine Czikowski ihn über dem Eingang stehen ließ, obwohl ihr Geschäft eigentlich "Spielerei" heißt. Der Vorbesitzer habe nichts gegen die Nutzung seines Namens gehabt. "Nur auf dem Papier mussten wir ihn aus rechtlichen Gründen ändern", sagt Nadine Czikowski.

Ihr Geschäft führt Spielzeug jeder Art - Spielkonsolen sucht man dort allerdings vergebens. "Wir haben es mit Nintendo probiert", sagt die Inhaberin. "Aber die Leute, die elektronisches Spielzeug suchen, gehen lieber in die großen Märkte." Nadine Czikowski bedauert dies nicht. "Das ist nicht meins. Mein Sohn hat auch einen Gameboy, aber ich bin froh, dass wir das nicht verkaufen müssen."

Auch mit Internet, Facebook und Whatsapp fremdelt die Geschäftsfrau. "Ich finde es schöner, wenn man die Kunden im Laden trifft, die Kinder herumrennen und gucken." Ihr Geschäft habe viele Stammkunden, die eine gute Beratung schätzen. Nadine Czikowski kennt sich mit ihrem Sortiment bestens aus. Regelmäßig besucht sie "Spieleschulungen", zu denen die Herstellerfirmen einladen. "Dann spielen Erwachsene die Kinderspiele und haben genauso viel Spaß dabei."

Die Spielerei profitiere auch von einer guten Lage im Herzen der Fußgängerzone. "Anderswo möchte ich nicht sein", sagt Nadine Czikowski. Dennoch spüren sie und Gabriele Czikowski die wachsende Konkurrenz des Internethandels. Mit einem Online-Shop, den sie zurzeit aufbauen, möchte sie dagegenhalten (www.spielerei-24.de). Gespielt haben sie auch schon mit dem Gedanken zu expandieren, aber sie scheuen das Risiko: "Dafür sind wir nicht mutig genug." Zu viele Spielzeug-Fachgeschäfte hätten in den vergangenen Jahren schließen müssen.

Die umsatzstärkste Zeit des Jahres im Spielwarenhandel bricht gerade an. "Das Weihnachtsgeschäft muss fürs ganze Jahr vorhalten", sagen Nadine und Gabriele Czikowski. Was zurzeit bei Kindern "angesagt" ist? Jungs spielten wieder gerne mit Pokemon-Karten und "Star Wars". Bei Mädchen sei Basteln mit sogenannten Aqua-Beads in Mode. Zudem sei die Nachfrage nach Puppen auffällig groß. "Wir haben ein richtiges Puppenjahr."

(RP)
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