Moers Urteil: Ehepaar betrieb Cannabis-Plantage

Moers · Aus Zufall entdeckte die Polizei im April 2017 eine Cannabis-Plantage in einem Einfamilienhaus in Moers. Acht Kilo Gras, eine High-Tech-Anlage, in der Schublade eine Waffe: Alles deutete auf Drogenhandel hin. Das Gericht sah das anders.

 Da staunte die Polizei Wesel nicht schlecht: 24 Cannabis-Pflanzen, jede davon mehr als einen Meter hoch, haben die Beamten 2017 in einer Wohnung in Moers beschlagnahmt.

Da staunte die Polizei Wesel nicht schlecht: 24 Cannabis-Pflanzen, jede davon mehr als einen Meter hoch, haben die Beamten 2017 in einer Wohnung in Moers beschlagnahmt.

Foto: Polizei

War es bewaffneter Rauschgifthandel oder bloß Drogenbesitz? Das Gericht brauchte fast sieben Stunden, um das zu klären. Jedes Detail kann den Unterschied machen zwischen einer Bewährungsstrafe und mehreren Jahren im Gefängnis. Dabei sah am Anfang eigentlich alles ganz einfach aus.

Im April 2017 hat die Polizei Wesel eine Drogenplantage in einem Einfamilienhaus in Moers ausgehoben. Nachbarn hatten den Notruf gewählt, weil die Haustür offen stand, obwohl die Bewohner eigentlich im Urlaub waren. Im Dachgeschoss fanden die Beamten dann zufällig acht Kilo konsumfähiges Cannabis, geschätzter Wert: 80.000 Euro, dazu Bargeld, Stromleitungen, die am Zähler vorbeiführen und in der Schublade neben dem Eingang eine geladene Pistole. Keine Frage, hier scheint wohl jemand im großen Stil mit Drogen zu handeln. Oder?

Nein, entschied gestern die auswärtige große Strafkammer am Landgericht Kleve - und verurteilt einen 48-Jährigen und eine 37-Jährige zu Bewährungsstrafen von einem Jahr und sechs sowie zu einem Jahr und neun Monaten. Begründung: gemeinschaftlicher Besitz von Betäubungsmitteln. Das Ehepaar, das im Haus lebt, gab an, die Cannabis-Plantage nur zum Eigenkonsum betrieben haben. Dass dazu eine hochmoderne Anlage mit Belüftungs- und Bewässerungssystem nötig ist, scheint auf den ersten Blick eher abwegig. Das sah auch die Polizei so. "Was wir in dem Dachgeschoss gefunden haben, machte einen sehr professionellen Eindruck", sagt einer der Beamten. Dennoch: Hinweise, dass die Drogen auch verkauft wurden, gibt es nicht. Wie der Vorsitzende Richter Huismann nach dem Urteil mitteilt, gebe es keine Handydaten von möglichen Kunden, keine Notizen, keine ungewöhnlichen Kontobewegungen oder Indizien, wo die Erlöse geblieben sein könnten. Zudem sei nur einen Teil der Plantage bepflanzt gewesen.

Die beiden Angeklagten haben sich im Prozess zu den Vorwürfen nicht geäußert. Ihre Anwälte gaben eine Erklärung ab. Demnach soll die Anlage ursprünglich einem verstorbenen Freund des Angeklagten gehört haben. Dieser hatte ihm 2008 Geld geliehen. Als der Angeklagte die Schulden nicht mehr zurückzahlen konnte, soll der Freund einen Deal vorgeschlagen haben: Er darf auf dem Dachboden des 48-Jährigen Marihuana anbauen, dafür streicht er dessen Schulden. Dann starb der Freund plötzlich. Die Plantage wurde vorerst stillgelegt, blieb aber auf dem Dachboden.

2014 lernte er dann seine heute 37-jährige Frau kennen, die damals gelegentlich Cannabis konsumiert haben soll. Weil der Angeklagte zu der Zeit eine schwere Verletzung auskurierte, probierte er auch davon. Gemeinsam haben sie dann die Plantage wieder in Betrieb genommen, um die Droge für sich selbst anzubauen. Weil das Paar im Anbau keine Erfahrung hatte, kauften sie mehr als 30 Samen - und rechnete nicht damit, dass solch eine Menge entsteht. Die Waffe, eine Schreckschusspistole, habe man aus Angst vor Einbrechern erworben, nicht aber, um die Drogen zu schützen.

Die Angeklagten haben bereits auf Rechtsmittel verzichtet. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

(atrie)
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