Moers Talentscouting: Gute Schüler sollen was wagen

Moers · Die Anne-Frank-Gesamtschule will, dass talentierte Nicht-Akademiker-Kinder den Weg zur Uni finden.

 Vertragsunterzeichnung: Schulleiterin Hannegret Gucek-Rehn (v.l.) und Koordinatorin Sarah Schröter (v.r.), Joachim Sistig, Vivien Krutki, Virginia Krutki, Vanessa Virgils und Talentscout Mesut Kader.

Vertragsunterzeichnung: Schulleiterin Hannegret Gucek-Rehn (v.l.) und Koordinatorin Sarah Schröter (v.r.), Joachim Sistig, Vivien Krutki, Virginia Krutki, Vanessa Virgils und Talentscout Mesut Kader.

Foto: Klaus Dieker

"Im Essener Süden studieren 90 Prozent der Abiturienten, im Essener Norden ist es fast umgekehrt." Diese Beobachtung hat Sarah Schröter gemacht. "Nach einer Studie aus dem Jahr 2012 sind bundesweit 77 Prozent der Studierenden Söhne und Töchter von Akademikern, 23 von Nicht-Akademikern", weiß sie. Die Sozialpädagogin ist an der Universität Duisburg-Essen Koordinatorin für das NRW-Talentscouting. "Nicht mehr die Familienbiografie soll über die berufliche Laufbahn entscheiden, sondern Talent und Interesse", beschreibt sie das Ziel dieses Projektes. Die Universität Duisburg-Essen kooperiert mit 20 Schulen im westlichen Ruhrgebiet und am Niederrhein, um talentierte Nicht-Akademiker-Kinder ans Studium heranzuführen. Eine davon ist die Anne-Frank-Gesamtschule, mit der sie seit Februar 2016 zusammenarbeitet. Weil das Zusammenspiel gut funktionierte, unterschrieben Schröter und Schulleiterin Hannegret Gucek-Rehn gestern einen Kooperationsvertrag.

Alle drei Wochen mittwochs besucht Talentscout Mesut Kader die Schule, um dort von 8 bis 13.30 Uhr eine Beratung anzubieten. "Man geht hin und weiß nicht, was man wirklich will", erzählt Virginia Krutki (18) von ihrem ersten Besuch. "Bei dem Gespräch kamen meine Talente und Interessen heraus, Kunst und Soziales. Ich erfuhr, dass ich sie verbinden kann, zum Beispiel wenn ich Kunst auf Lehramt studiere." In einem nächsten Schritt könnte sie mit einem Studierenden einmal einen Tag an der Uni verbringen, um eine Vorlesung zu besuchen, in die Mensa zu gehen oder in einem Studentencafé zu entspannen. "Meine Eltern haben nicht studiert", erzählt die Zwölftklässlerin mit guten Noten, die im Frühsommer 2018 ihr Abitur ablegen will. "Ich kenne die Studienwelt nicht."

Das gilt für ihre Zwillingsschwester Vivien Krutki ebenso. "Ich wusste, was ich werden wollte, irgendwas mit Zahlen", sagt die 18-Jährige. "Doch nach meinem Praktikum wollte ich nicht mehr Steuerberaterin werden." Sie sprach mit dem Talentscout und denkt darüber nach, eine Ausbildung als Bankkauffrau zu beginnen, wenn sie nicht nur am Rechner sitzt, sondern auch Kundenkontakt hat. "Das NRW-Talent-Scouting ist ergebnisoffen", sagen Joachim Sistig und Kirsten Mika, die als Oberstufenleiterin und als Koordinator für Talentförderung an der Gesamtschule guten Schülern empfehlen, sich beim Talentscout vorzustellen. "Eine Ausbildung kann auch eine gute Lösung sein."

(got)
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