Moers Syrer spielt Klavier für den Frieden

Moers · Der palästinensisch-syrische Pianist Aeham Ahmad wurde bekannt, weil er auf den Straßen von Damaskus Piano spielte. Jetzt war er im Hermann-Gmeiner-Berufskolleg zu Gast.

 Mit seiner Performance am Klavier beeindruckte Aeham Ahmad die Schüler und Lehrer des Hermann-Gmeiner-Berufskollegs.

Mit seiner Performance am Klavier beeindruckte Aeham Ahmad die Schüler und Lehrer des Hermann-Gmeiner-Berufskollegs.

Foto: Klaus Dieker

Aeham Ahmads Finger gleiten geschwind über die Tasten des Flügels, der in der Aula des Hermann-Gmeiner-Berufskollegs steht. Die Schüler klatschen, einige singen sogar mit. Der Pianist war gestern im Berufskolleg zu Gast. Er spielte aber nicht nur Klavier, sondern berichtete den Schülern auch von seinem Leben in Syrien und der Flucht nach Deutschland.

Aufgewachsen ist Aeham Ahmad in dem palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk in Damaskus. Er lebte dort ohne Staatsbürgerschaft, obwohl er in Syrien geboren wurde. Viele Palästinenser bekämen keinen Pass in Syrien. Mit fünf Jahren begann er, Klavier zu spielen. "Erst habe ich auf einem Keyboard gespielt, weil wir kein Geld für ein Klavier hatten", erzählte Ahmad gestern den Schülern.

Zehn Jahre besuchte Ahmad eine Musikschule und begann dann, Musik zu studieren. Das Studium konnte er aber nicht beenden, da der Krieg ausbrach. Auf den zerstörten Straßen von Jarmuk spielte er Klavier. Das transportierte er mit einem Rollwagen dorthin. Mit seinen Konzerten auf den Straßen wollte er den Menschen Hoffnung schenken und ihnen Freude bereiten. Irgendwann wurde ihm aber bewusst, dass er das Land verlassen muss. "Während ich auf der Straße Klavier gespielt habe, wurde einem Mädchen, das bei mir stand, in den Kopf geschossen", erzählte er. Dann kam das Musikverbot. Islamisten verbrannten im Frühjahr 2015 sein Instrument. Im August 2015 machte sich Ahmad auf den Weg nach Deutschland. "Es gab viele Gründe für eine Flucht: Assads Truppen, der Islamische Staat", sagte Ahmad. "Es gibt mehrere Wege, in Jarmuk zu sterben. Wenn man nicht verhungert, dann stirbt man wegen der Bomben."

Die Schüler fragten ihn, welche Bedeutung das Klavierspielen für ihn hat. "Wenn ich Klavier spiele, fühle ich mich so, als wäre ich zu Hause. Klavierspielen ist mein Bruder, Vater, mein Land. Ohne das Spielen fühle ich mich verloren", antwortete der 28-Jährige, der nun in Wiesbaden lebt. Seine Frau und seine beiden Söhne leben mittlerweile auch dort. Er war zunächst gezwungen, ohne sie nach Deutschland zu fliehen.

In ganz Deutschland hat Ahmad schon Konzerte gegeben. Beim "Stars-sagen-Danke-Konzert" für Flüchtlingshelfer in München stand er unter anderem neben den Sportfreunden Stiller und Herbert Grönemeyer auf der Bühne. "Mit meiner Musik will ich eine Brücke bauen zwischen der syrischen und der deutschen Kultur", erklärte er gestern vor dem Konzert in der Aula des Berufskollegs.

Neben eigenen Kompositionen spielte Ahmad unter anderem auch "Für Elise" von Ludwig van Beethoven und ein zweihundert Jahre altes syrisches Volkslied, das von einer durch den Krieg verlorenen Liebe erzählt. Einige Schüler konnten bei diesem Lied mitsingen. Sie stammen aus Syrien und sind wie Ahmad nach Deutschland geflohen. Zwei Schüler der internationalen Förderklassen, in denen am Berufskolleg Flüchtlinge unterrichtet werden, erzählten gestern in der Aula von ihrem Leben und der Flucht nach Deutschland. "Die Schüler waren sichtlich berührt. Bei einigen flossen auch Tränen", sagte Lehrerin Sarah Kischel, die die Veranstaltung zusammen mit ihrer Kollegin Maria Kalaitzidou organisiert hatte. "Wir wollten damit die Schüler sensibilisieren. Einige Schüler haben Vorurteile gegenüber Flüchtlingen", erklärte Kischel. Maria Kalaitzidou hatte ein Konzert von Aeham Ahmad in Essen besucht und ihn gefragt, ob er nach Moers kommt. "Er hat sofort zugesagt und gemeint, dass er gerne kommt", sagte sie.

(eler)
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