Moers Sparkassen-Azubis spielen Theater

Moers · Drei Monate hatten die jungen Leute unter der Leitung des Theaterpädagogen Holger Runge das Bühnenstück "Nach uns das All oder das innere Team kennt keine Pause" von Sibylle Berg einstudiert.

 Die Azubis bei der Premiere ihres Stückes auf der Bühne des Moerser Schlosstheaters.

Die Azubis bei der Premiere ihres Stückes auf der Bühne des Moerser Schlosstheaters.

Foto: Foto Klaus Dieker

"Auf Wiedersehen Boden. Auf Wiedersehen Welt." Sechs junge Frauen und ein Mann machten sich am Mittwoch auf den Weg zum Mars. Natürlich nicht wirklich. Das Ganze war "nur" Theater. Bereits seit sieben Jahren studieren Auszubildende des dritten Lehrjahres der Sparkasse am Niederrhein einmal im Jahr ein gemeinsames Bühnenstück ein und stärken damit ihre Kommunikationsfähigkeit, Teambereitschaft und Kreativität.

Gut drei Monate hatten die sieben jungen Leute unter der Leitung des Theaterpädagogen Holger Runge das Bühnenstück "Nach uns das All oder das innere Team kennt keine Pause" der deutsch-schweizerischen Schriftstellerin und Dramatikerin Sibylle Berg einstudiert. Jetzt feierten sie damit am Mittwoch im Moerser Schlosstheater Premiere. Knapp 90 Minuten lang entführten sie dabei ihr Publikum in eine beängstigende Zukunftswelt voller Demokratieverdrossenheit, Fremdenhass und kriegsähnlicher Unruhen, aus der es nur einen Ausweg zu geben schien, die Neugründung einer neuen, friedlichen und gleichberechtigen Gesellschaft auf dem Mars. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, für die sich sechs Frauen und ein Mann zuvor in einem Reality-Showwettbewerb qualifiziert hatten. Doch was mussten sie dabei außer ihrer Jugend und Fortpflanzungsbereitschaft noch mitbringen? Für die Frauen war das klar: Weibliche Solidarität, Konsumlust und die Sehnsucht nach einer erfüllenden, ewig romantischen Liebe. Der auserwählte männliche Kandidat war sich seiner Rolle dagegen nicht ganz so sicher. "Hallo, ich bin Torben. Ich bin Anfang 30 und bei einer Online-Zeitschrift beschäftigt. Ich mag natürliche Frauen, die mit Würde altern können. So ab 35", stellte er sich den in lange, weiße Kleider und schwarze Lederjacken gehüllten Damen bei ihrer ersten Begegnung selbstbewusst vor und erntete dafür lediglich ein allgemeines süffisantes Lächeln. "Hallo, ich bin Torben. Ich bin Mitte 30. Ich war mal Schauspieler und habe über die Welt nachgedacht." Wieder konnte er keinen Treffer landen. Und auch als einfühlsamer Homosexueller, weibliche Unterwäsche liebender Transsexueller und als veganer Öko-Fan im selbst gestrickten Ringelpullover hatte er bei den Frauen keine Schnitte. "Die Jahre der wohlmeinenden Freundlichkeit sind vorbei. Die Menschen wollen sich wieder auf die Fresse hauen", servierten sie ihn unbarmherzig in jeder seiner verzweifelt bemühten Rollen ab. Sie wollten keinen "Problemmenschen", sondern einen Mann", der auch in der neuen Marsgesellschaft bereitwillig mit ihnen shoppen gehen, und ansonsten die inzwischen auf der Erde "nach unten regulierte Intelligenz und Gleichgültigkeit für alle" garantieren würde. Mit anderen Worten: Tagsüber "alles anders machen als die Eltern" und abends "Katzenvideos anschauen". "Wir wollen unsere Männer beschützen, trösten und sauber halten", erklärte eine der sechs Frauen und alle anderen nickten dazu beifällig. "Ich bin doch so bemüht gewesen", resignierte Torben schließlich am Ende. Und während die Frauen sich noch voller Emanzipationsgedanken darüber einigten, dass sie demnächst auf dem Mars weder einen weiblichen Hitler noch einen weiblichen Einstein brauchen würden, startete die Marsrakete plötzlich ganz unverhofft, und zwar ohne sie und ihren Torben.

(RP)
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