Erben Und Vererben Eine Serie Von Rheinischer Post Und Sparkasse Duisburg So regele ich meinen letzten Willen

Moers · Fritz Stockhofe, Rechtsanwalt mit dem Spezialgebiet Familienrecht, beantwortet wichtige Fragen rund um das sensible Thema Testament.

 Ein Testament kann handschriftlich selbst aufgeschrieben oder von einem Notar verfasst werden.

Ein Testament kann handschriftlich selbst aufgeschrieben oder von einem Notar verfasst werden.

Foto: Archivfoto

Niederrhein Die mehr oder minder trauernde Familie schaut angespannt und erwartungsvoll zu, wie ein Rechtsanwalt den versiegelten Umschlag öffnet und verliest, was der Verstorbene bezüglich seiner Hinterlassenschaft verfügt hat - so funktioniert eine "Testamentseröffnung". Allerdings nur im Fernsehen! Oder auch Ländern mit englischem Rechtssystem. Das deutsche Gesetz sieht ein solches "Event" nicht vor. Hier wird nüchtern und und meist über den Postweg korrespondiert. Fritz Stockhofe, Rechtsanwalt mit dem Spezialgebiet Familienrecht, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Erben und Vererben:

Muss man in jedem Fall sein Testament machen?

Nein! Die gesetzliche Erbfolge regelt in den meisten Fällen, wie die Hinterbliebenen Familienmitglieder berücksichtigt werden. Stirbt zum Beispiel ein Ehepartner, so steht dem anderen die Hälfte des Vermögens zu. Die andere Hälfte wird zu gleichen Teilen unter den Kindern aufgeteilt - egal ob ehelich oder nicht-ehelich. Hat der überlebende Partner Kinder mit in die Ehe gebracht, die vom Verstorbenen nicht adoptiert wurden, so gehen diese leer aus. Es sei denn, ein Testament sieht das ausdrücklich anders vor.

Darin muss auch vermerkt sein, wenn der Vererbende zum Beispiel seine treue Putzfrau berücksichtigen will. Oder auch, wenn er eines seiner Kinder enterben will. "Dazu muss der Vererbende aber ganz deutlich die Gründe für seine Entscheidung erläutern. Es müssen wirklich schwerwiegende Gründe sein. Es reicht nicht, einfach zu schreiben, mein Sohn X war nicht nett zu mir. Die Begründung, jemanden zu enterben, ist nicht ganz ohne. Hier sollte man sich besser fachlichen Rat holen, wenn man auf der sicheren Seite sein will", sagt Stockhofe. Ohne Testament geht das gar nicht. Ansonsten würde der "Verstoßene" zumindest seinen Pflichtteil bekommen. Dessen Wert ermittelt sich aus der Erbmasse.

Ein Beispiel: Angenommen, ein Vater von drei Kindern hinterlässt 3000 Euro Bargeld und ein Haus im Wert von 150.000 Euro. Die Erbmasse beläuft sich somit auf 153.000 Euro, die im Normalfall unter den drei Kinder zu gleichen Teilen (also jeweils 51.000 Euro) aufgeteilt würden. Ist nun testamentarisch verfügt, dass eines von ihnen enterbt ist, so bekommt das "Schwarze Schaf" nur seinen Pflichtteil, also die Hälfte des eigentlichen Betrages. In diesem Fall wären das 25.500 Euro. Können die beiden anderen Geschwister diesen Betrag nicht aufbringen, müssen sie die Immobilie verkaufen. Doch Vorsicht: Wer erbt, der erbt alles, und damit möglicherweise auch so viele Schulden, dass er das Erbe besser ausschlägt. Hausrat wird übrigens nach seinem Zeitwert berechnet und ist damit meist nur ganz wenig Geld wert. Beim wertvollen Goldschmuck, dem echten Dalì oder dem Meißner Porzellan sieht die Sache natürlich anders aus...

Wie schreibt man ein Testament?

Wer sicher gehen will, keine Fehler zu machen, der sucht einen Notar auf und lässt diesen den Text verfassen, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass der Mandant geistig auf der Höhe ist. Doch genau so hat das am Küchentisch mit der Hand (!) geschriebene Dokument (Orts- und Zeitangabe oben auf dem ersten Blatt) seinen Wert. In keinem Fall darf die Unterschrift fehlen. Unterhalb dieser Unterschrift darf nichts mehr stehen.

Wer seinen Freund oder Nachbarn bittet, beim Verfassen des Dokuments dabei zu sein, kann sich - um sicher zu gehen - von ihm schriftlich bestätigen lassen, dass er den Text im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte geschrieben hat. Dieser Zeuge muss dazu den Inhalt des Testaments nicht kennen. Das Schriftstück sollte der Verfasser kopieren und das Duplikat zu Hause deponieren. Das Original sollte er beim Amtsgericht abgeben und bekommt dann einen Hinterlassungsschein. Das Testament bleibt ungeöffnet beim Gericht liegen, bis es vom zuständigen Standesamt über den Sterbefall erfährt und die Erben verständigt.

Schreibt derjenige im Laufe der Zeit mehrere Testamente, so ist das zuletzt verfasste das Entscheidende. Aber die zuvor geschriebenen verlieren nicht in jedem Fall ihre Gültigkeit. Wurde beispielsweise im ersten Testament eine Freundin berücksichtigt, die in den nachfolgenden Schriftstücken nicht mehr erwähnt wird, so behält die erste Fassung in diesem Punkt Gültigkeit.

Was ist das sogenannte Berliner Testament?

Es regelt das Erbe unter Eheleuten beziehungsweise das in einer eingetragen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Auch dieses Dokument kann (handschriftlich) selbst verfasst werden und besteht aus drei Standardsätzen: "Hiermit setzen wir uns gegenseitig zu Erben ein. Nach dem Tod des zuletzt Gestorbenen sollen unsere Kinder zu gleichen Teilen erben. Sollte ein Kind nach dem Tod des/der Erstverstorbenen seinen Pflichtteil verlangen, soll er auch nach dem Tod des zuletzt Gestorbenen seinen Pflichtteil bekommen".

Kurz und knapp. Aber auch klar? Das Berliner Testament regelt die Versorgung des überlebenden Partners. Aber der Hinweis auf den Pflichtteil ist für die Kinder zugleich Mahnung, die Füße "still zu halten". Denn wer zu früh ans Erbe heran will, bekommt eben nur den Pflichtteil.

Muss man bei Gericht die Ausstellung eines Erbscheins beantragen?

Nein. Das ist nur notwendig, wenn eine Immobilie zur Erbmasse gehört. Dann ist der Erbschein gesetzlich vorgeschrieben, weil der Eintrag ins Grundbuch entsprechend geändert werden muss. Es kann allerdings vorkommen, dass die Bank des Verstorbenen den Erbschein verlangt, bevor sie die Erben ans Konto heranlässt.

Sind Streitigkeiten ums Erbe die Regel?

Wenn die Hinterbliebenen und der Verstorbene zu dessen Lebzeiten ein gutes Verhältnis hatten, wirkt das meist auch über dessen Tod hinaus. Am sinnvollsten ist es, schon zu Lebzeiten mit seinen Kindern über dieses Thema zu sprechen, um späteren Streitereien vorzubeugen. Die Erfahrung von Fritz Stockhofe ist, dass sich die direkt Erbenden meistens friedlich einigen. Wenn sich allerdings der Schwiegersohn, die Schwiegertochter des Verstorbenen, die Enkel oder andere Verwandte einmischen, dann geht es auch schon mal "zur Sache".

(RP)
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