Moers Sizilianerin kleidet Moerser edel ein

Moers · Vor mehr als 40 Jahren kam Sebastiana Marchionna nach Deutschland. In Moers baute sie ihr Lebenswerk auf: das Atelier an der Meerstraße.

 Sebastiana Marchionna im Atelier "Sebastiana di Francesco-Marchionna" an der Meerstraße.

Sebastiana Marchionna im Atelier "Sebastiana di Francesco-Marchionna" an der Meerstraße.

Foto: Foto Klaus Dieker

Sie gehörte zu den ersten Gastarbeiterinnen. Als Sebastiana Marchionna aus Italien nach Moers kam, war sie gerade mal 17 Jahre alt - und sprach kein Wort deutsch. Heute führt die Sizilianerin ein in Fachkreisen anerkanntes Mode- Atelier für Maßschneiderei, Konfektion und Designer-Mode. Als Botschafterin der Mode genießt sie weit über die Landesgrenzen hinaus hohe Anerkennung.

Zahlreiche Auszeichnungen bei fachlichen Wettbewerben auf Landes- und Bundesebene sind ein Beweis mehr für ihre Kunst. Beruflich geht die Schneidermeisterin eigene Wege. Ihre Überlegungen und oft ausgefallenen Ideen finden stets Anklang und werden gerne angenommen.

Ihre jüngste Inspiration: ein Jacken-Projekt im Chanel-Stil. Angetan vom eleganten Design der Modeschöpferin und angeregt durch ein Gespräch mit einem gleichgesinnten Kollegen erinnerte sie sich an die besondere Verarbeitungstechnik dieser Jacken. "Als kleines Mädchen habe ich diese Technik bei Nonnen gelernt", erzählt Marchionna. "Wie es damals in meiner Heimat üblich war, gingen die Mädchen nach der Schule zur Schneiderin oder zu Nonnen, um das Nähen zu lernen."

Dort, auf den Stufen im Treppenhaus, lernten sie dann den Umgang mit Nadel und Faden - und "wie per Hand das Futter auf den Stoff genäht wird." Das nämlich sei die eigentliche, die primäre Technik, die diese Jacke auszeichne, so die Schneidermeisterin. "So bleibt der Schick und der natürliche Fall des Stoffes erhalten." Diese Jacken seien bequem wie eine Strickjacke "und haben trotzdem einen perfekten Sitz."

Die so gefertigten Einzelteile wird Marchionna auch in ihrem Atelier anbieten. Zudem plant sie für Interessierte Kurse im "Co-Working", damit diese Stücke auch zu Hause angefertigt werden können. "Und ein Verlag wird im Herbst ein Video mit ausführlichen Erläuterungen herausbringen", so die Chefin. Zur Zeit beschäftigt Marchionna drei Schneiderinnen. Im August kommt noch eine Auszubildende dazu. "Die Ausbildung der jungen Leute und der Umgang mit ihnen macht mir sehr viel Freude", sagt sie. "Denn diejenigen, die zu mir kommen, sind hochmotiviert und leisten ausgezeichnete Arbeit." Sie bilde bewusst junge Menschen verschiedener Nationalitäten aus, um die unterschiedlichen Kulturen über das Handwerk zusammen zu führen.

Die gesellschaftliche Integration ausländischer Mitarbeiter verlaufe wesentlich über die Ausbildung und den Beruf. "Das habe ich am eigenen Leib erfahren, als ich - kaum der Schule entwachsen - vor mehr als vier Jahrzehnten nach Deutschland kam." Sie habe aus der positiven Erfahrung ihr Lebenswerk aufgebaut.

Im Atelier Marchionna entsteht aber nicht nur Mode nach Maß und Maßkonfektion für Damen und Herren, die Signora berät ebenso in Farb- und Stilfragen. Sie erkennt auf Anhieb den Frühlings-, den Sommer, oder Herbsttyp. "Das ist für die Auswahl der Stoffe unerlässlich", so Sebastiana Marchionna. "Maßschneiderei ist so kreativ wie Malen. Jedes Teil, das meine Werkstatt verlässt, ist ein Unikat."

(RP)
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