Moers Sie vermittelt Flüchtlingen Wohnungen

Moers · Der Zustrom von Menschen aus den Krisengebieten in dieser Welt legt bei Helfern die merkwürdigsten Talente frei: Helga Dörpinghaus etwa entdeckt mit 68, dass sie sehr gut auch als Maklerin hätte arbeiten können.

 Erfolgreich vermittelt: Helga Dörpinghaus mit Zakaria Altinawi in seiner neuen Wohnung.

Erfolgreich vermittelt: Helga Dörpinghaus mit Zakaria Altinawi in seiner neuen Wohnung.

Foto: Klaus Dieker

Ein Einfamilienhaus am östlichen Stadtrand von Moers: Gepflegter Vorgarten, Teich, nur die rote Tür fällt etwas aus dem Rahmen. Hier wohnen Helga (68) und Jürgen (71) Dörpinghaus. Seit einigen Wochen haben sie einen Untermieter, der heute mit am Kaffeetisch sitzt: Es ist Zakaria Altinawi. Der 32-Jährige kam vor vier Monaten nach Deutschland. In Syrien war der Markenmanager wie viele andere junge Männer auch vor der Einberufung zum Militärdienst durch die Assad-Armee geflohen.

Drei seiner Cousins ließen im Krieg ihr Leben. Die Eheleute haben den jungen Mann, der kaum Deutsch und wenig Englisch spricht, vorübergehend bei sich aufgenommen. "Das geht ganz gut bei uns", sagt Helga Dörpinghaus. "Sein Zimmer hat einen eigenen Eingang. Da stört er nicht, wenn er kommt oder geht."

Gleich nach der Kaffeerunde steht eine Wohnungsbesichtigung an. Helga Dörpinghaus ist wieder einmal fündig geworden. Ein Bekannter hatte eine kleine Wohnung in der Innenstadt frei. Gerade ist der Bezugsschein für die gebrauchten Möbel gekommen, die das Sozialamt dem Syrer zusteht. Das Ehepaar übersetzt das Schreiben vom Deutschen ins Englische und gibt Altinawi den Tipp, dass er noch einen Antrag auf einen Renovierungskostenzuschuss stellen müsse.

Altinawis Unterlagen wandern in einen dicken Ordner, voll mit amtlichen Bescheiden und Mietverträgen. Seit zwei Monaten hat es Helga Dörpinghaus sich zur Aufgabe gemacht, jungen Männern aus den Flüchtlingsunterkünften zu einer normalen Wohnung zu verhelfen. Dabei entdeckte die passionierte Triathletin, dass sie nicht nur im Sport, sondern auch bei Verhandlungen mit Vermietern Stehvermögen besitzt. "15 Flüchtlingen habe ich schon zu einer Wohnung verholfen", sagt Dörpinghaus. Zwar gebe es viele Vermieter, die nicht an Flüchtlinge vermieteten, selbst, wenn die Wohnung schon seit Monaten leer steht: "Da ist die Devise klar: keine Jungen, keine Hunde und keine Ausländer." Aber oft lohne das Gespräch. Finanziell seien die Vermieter auf der sicheren Seite: Die Miete zahle das Sozialamt oder das Jobcenter und strecke auch die Kaution vor, die dem Flüchtling allerdings von seinem Hartz-IV-Satz abgezogen werde.

Natürlich, so räumt sie ein, müsse man mit einigen der jungen Leute Geduld haben, ihnen erklären, wie deutsche Abfalltrennung funktioniere und dass laute Musik nach 22 Uhr zu unterbleiben habe: "Aber das ist bei deutschen jungen Männern auch nicht anders."

Bevor Altinawi zur Familie Dörpinghaus und jetzt zu seiner ersten Wohnung in Deutschland kam, lebte er drei Monate lang im Asylbewerberheim an der Ernst-Holla-Straße. Dort wurde er krank. Die unhygienischen Zustände im Sanitärbereich und der häufige Lärm, den einige der jüngeren Mitbewohner nachts machten, zermürbten ihn. Deshalb war für "Frau Helga", wie die 68-Jährige von ihren Schützlingen meist gerufen wird, klar, dass Altinawi in der Unterkunft nicht länger bleiben könne, zumal er jeden Morgen früh zum Sprachunterricht aufstehen musste.

Beispiele außergewöhnlicher Hilfsbereitschaft hat Hayat Ketfi vom "Bunten Tisch" viele kennengelernt. Der Fall Dörpinghaus sei aber schon etwas Besonderes. "Sie muss wohl ein Talent haben, mit Vermietern umzugehen; anders wäre diese Erfolgsquote nicht erklärbar."

Ganz neu in der Betreuung von Flüchtlingen ist die gelernte Erzieherin und ehemalige kaufmännische Angestellte nicht: In den 1990er-Jahren betreuten die Eheleute bereits einmal eine Familie aus Polen in Kamp-Lintfort. "Und als wir eines Abends im Fernseher die Bilder vom Flüchtlingselend sahen, haben wir uns gesagt: Eigentlich müsste man was machen."

Am nächsten Morgen sprach Helga Dörpinghaus beim "Runden Tisch" an der Kornstraße vor und fragte, wie sie helfen könne. "Als ich hörte, dass noch jemand gesucht werde, der Wohnungen für die jungen Männer sucht, dachte ich: Das kann ich. Und habe zugesagt."

(RP)
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