Moers Sehen, staunen und genießen - Extraschicht

Moers · Zum zweiten Mal sorgte der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein am ehemaligen Schacht IV für ein Programm. Bis zum Ende um zwei Uhr nachts kamen 1200 Besucher.

Impressionen von der Extraschicht im Schacht IV
21 Bilder

Impressionen von der Extraschicht im Schacht IV

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Ein Kulturfestival für die Metropole Ruhr - das ist seit 15 Jahren die Extraschicht. An 50 Spielorten in 20 Städten zeigte die Region am Samstagabend, was die Industriekultur zu bieten hat. Mit der Bahn und mit Shuttlebussen konnten die Besucher von Ort zu Ort gelangen. Der Schacht IV der Zeche Rheinpreußen in Moers bildete den westlichsten Veranstaltungsort. Zum zweiten Mal hatte der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein ein Programm zusammengestellt.

Zu Beginn war das Gelände recht spärlich besucht. Doch mit der schönen Abendsonne kamen auch die Menschen, so dass um 21 Uhr bereits 600 Besucher gezählt werden konnten. "Viele Besucher starten ihren Abend hier in Moers und genießen das Programm dann bei der Rückkehr", so Bernd Glinka aus dem Organisationsteam. Und so war die Umschalthalle beim "Kerzen-Konzert" des Knappenchors Rheinland gegen 22.30 Uhr rappelvoll. Bis zum Ende der Veranstaltung um zwei Uhr hatten 1200 Menschen das Gelände besucht.

Bei Würstchen, Bier oder Cocktails konnte man unter dem rot illuminierten Förderturm schon einige Zeit verbringen. Auf der Außenbühne rockten die "Gentlemen of Groove" mit den Klassikern von Led Zeppelin und Pink Floyd bis zu Marius Müller-Westernhagen. Mit kölschen Stimmungsliedern bedienten die "Püttrologen" in der Maschinenhalle auch die Schunkelfraktion. Sehr großen Andrang erlebten die zu drei Zeiten angebotenen Führungen durch die Gebäude des ehemaligen Bergwerks, in dem von 1904 bis 1964 Kohle gefördert wurde. Ehemalige Bergleute führten interessierte Besucher in Kleingruppen über das Gelände. Dabei gab es spannende Einblicke in die Anfänge des Bergbaus. Auch so manche Anekdote wurde mit viel Enthusiasmus zum Besten gegeben.

Hans-Jürgen Meder war einer der Ehrenamtlichen, an dessen Lippen die Besucher hingen. Der pensionierte Bergbauingenieur verwies auf die architektonischen Besonderheiten der denkmalgeschützten Gebäude mit ihren original erhaltenen Ornamenten und den neugotisch anmutenden Außenfassaden. Die Fördermaschine, die mit zwei Gleichstrommotoren und 700 PS die Förderkörbe transportierte, sei zu ihrer Zeit hochmodern und einzigartig gewesen, erläuterte Meder.

In einen Förderschacht hinunterfahren kann man hier zwar nicht mehr, stellte Besucher Erwin Koelen mit Bedauern fest. Dennoch genossen er und Gabriele Göckler die Veranstaltung. "Interessant und witzig gemacht", fanden sie die Performance des Schlosstheater-Ensembles, bei dem die Gäste in eine Traumwelt und die Entstehungszeit der Kohle entführt wurden. Anschließend wurden die Lichter gedimmt. Kerzenlicht tauchte die historische Halle in eine fast andächtige Stimmung. Wo zunächst eine riesige weiße Traum-Maus aufgeblasen wurde, tauchte der Knappenchor auf und stimmte das "Glück auf"-Lied an. "Ein echter Gänsehautmoment", fand nicht nur Erwin Koelen.

Dass die Bergmänner nicht nur Arbeiter, sondern auch Menschen waren, zeigte die Licht- und Klanginstallation "Wildwuchs" der "Licht-Gestalten" Christian Spieß und Matthias Plenkmann und des Soundkünstlers Andreas Pasieka, bei der bewegte Bilder auf die Fassade der Maschinenhalle projiziert wurden. Da hörte man den Wecker klingeln und den Teekessel pfeifen, bevor es zur Schicht ging. Bilder aus dem Alltag wie die Kneipe, die Taubenzucht oder der Fußball, aber auch die Proteste der Bergleute erzählten von Freud und Leid des Bergmanns.

(rauh)
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