Moers Schüler bringen Flüchtlingen Deutsch bei

Moers · Die Bundestagsabgeordnete Ulle Schauws hat die AG Flucht besucht. 15 Schülerinnen und acht Lehrer des Gymnasiums Adolfinum geben dort zweimal in der Woche nachmittags einen zweistündigen Deutschkurs.

 Bundestagsabgeordnete Ulle Schauws (sitzend) schaut sich den Unterricht für die Flüchtlinge von Lehrerin Claudia Landes (rechts) an.

Bundestagsabgeordnete Ulle Schauws (sitzend) schaut sich den Unterricht für die Flüchtlinge von Lehrerin Claudia Landes (rechts) an.

Foto: Klaus Dieker

Ulle Schauws kann nicht zaubern, so gerne sie es angesichts der Lage der Flüchtlinge würde. Die Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises 114 (Moers, Neukirchen-Vluyn, Krefeld) von Bündnis 90/Die Grünen war gestern im Gymnasium Adolfinum zu Gast. Und im Gespräch mit Schulleiter Hans van Stephoudt und Lehrerin Claudia Landes erfuhr sie mehr über die Schicksale der Flüchtlinge und über die "AG Flucht", mit der sich die Schule seit vergangenem Herbst für Flüchtlinge engagiert: Insgesamt 15 Schülerinnen und acht Lehrer geben zweimal in der Woche nachmittags einen zweistündigen Deutschkurs. Teilnehmer sind junge Männer, die im Schnitt 25 Jahre alt sind.

Schauws lobte das Engagement und die vielen Chancen, die das Projekt biete: Die Schülerinnen, meist Abiturientinnen, seien altersmäßig nah an den Teilnehmern dran. Über das Erlernen der Sprache hinaus könnten so alltägliche Begegnungen entstehen, die Integration erst ermöglichen. Auch, dass die deutschen Schülerinnen als selbstbewusste junge Frauen erlebt würden, sei eine tolle Chance, weibliche Rollenbilder in unserer Gesellschaft zu verstehen und zu besprechen. Überhaupt zeigte sich Schauws begeistert, wie viel Aktivitäten und Engagement in Sachen Willkommenskultur gerade in Moers stattfinden.

Im Unterrichtsraum zeigte sich dann eine konzentrierte und harmonische Arbeitsatmosphäre: In vier Kleingruppen aufgeteilt, angepasst an die unterschiedlichen Lernniveaus, kümmert sich eine Schülerin um jeweils eine Kleingruppe. An einem Tisch werden einfache Worte und Sätze geschrieben, daneben sind die Fortgeschrittenen, die sich einen deutschen Text von einer CD anhören. Ulle Schauws setzte sich mit an die Tische und ließ sich von jedem einzelnen erklären, wo der Schuh drückt. Da ist zum Beispiel der 23-jährige Ahmad. Er hat in Syrien Orientalistik studiert und möchte das Studium hier fortsetzen. Seit neun Monaten ist er in Deutschland und wartet, wie die meisten anderen auch, auf eine Rückmeldung der Ausländerbehörde. Erst mit der Anerkennung als Asylberechtigter ist es möglich, die Deutsch- und Integrationskurse zu besuchen. Um studieren zu können, benötigt er das Zertifikat der Stufe C2. Auch Ali (25) aus dem Irak ist seit Monaten zum Warten verurteilt. Er möchte eine Ausbildung beginnen. "Zweimal in der Woche Deutsch zu lernen ist zwar besser als nichts, aber viel zu wenig", sagte Ahmad. Schauws merkt schnell: "Die Motivation bei den jungen Männern ist groß. Sie darf nicht aufhören. Umso betrüblicher ist, dass es von der behördlichen Seite so langsam geht." Lehrerin Claudia Landes ergänzte: "Oft können wir gar nicht nachvollziehen, warum es bei dem einen mit der Anerkennung klappt, bei dem anderen nicht. Das ist schon sehr frustrierend."

Dennoch kann die AG mithelfen, die Moral hochzuhalten. So zeigte Ahmad stolz seinen Mitgliedsausweis vom Polizei-Sportverein Duisburg, wo er Judo betreibt. Einem Pferde- und reitbegeisterten Teilnehmer konnte ein Pflegepferd vermittelt werden. Und die Schülerinnen? Sie bekommen viel zurück, fühlen sich teilweise freundschaftlich mit ihren Schützlingen verbunden. Die 17-jährige Hannah hat sich sogar dazu entschieden, ihr soziales Jahr im Bereich der Flüchtlingshilfe zu absolvieren.

Schauws kann nicht zaubern. Aber sie will nachfragen und nachhaken bei den zuständigen Behörden. Denn eine schnelle Anerkennung bedeute für die jungen Männer die Chance auf eine Zukunft in Deutschland.

(rauh)
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