Moers "Röhrianer" wollen Kultkneipe retten

Moers · Kneipe contra neues Wohnhaus: Freunde der "Röhre" wollen im Konflikt zwischen den Parteien vermitteln.

 Auf dem freien Grundstück neben der "Röhre" (das langgezogene, bräunliche Gebäude hinten links) wird das neue Wohnhaus entstehen. Die Garagen werden versetzt.

Auf dem freien Grundstück neben der "Röhre" (das langgezogene, bräunliche Gebäude hinten links) wird das neue Wohnhaus entstehen. Die Garagen werden versetzt.

Foto: Dieker

Halteverbote an der Weygoldstraße künden es an: Demnächst beginnt der Bau eines neuen Wohnhauses neben der als Kult- und Kulturkneipe bekannten "Röhre". Zunächst werde das Areal vorbereitet, sagt Bauherr Hans-Jürgen Pulina (P&S Projektierungs GmbH). Die auf dem Grundstück stehenden Fertiggaragen müssten umgesetzt werden. Im März gehe es ans Ausschachten für den Neubau mit sechs barrierefreien Wohnungen. Deren Lage im Stadtzentrum ist ziemlich attraktiv - wäre da nicht die angrenzende "Röhre". Weil der Kneipenbetrieb auch nachts mit Geräuschen verbunden ist, befürchtet "Röhren"-Wirt Claudius Albustin, dass sich neuen Nachbarn gestört fühlen und dem Lokal auf Dauer das (Über-)Leben schwermachen (wir berichteten).

Moers: "Röhrianer" wollen Kultkneipe retten
Foto: Dieker Klaus

Jetzt wollen Freunde der Kneipe in dem Konflikt vermitteln. Zu den besorgten "Röhrianern" zählen Hartmut Hohmann und Konrad Göke. "Die Röhre hat eine gesellschaftspolitische Bedeutung", sagt Hohmann. Und Göke: "Sie ist ein wichtiger Ort in der Moerser Kulturszene." Auf diese Bedeutung wollen sie öffentlichkeitswirksam hinweisen. Sie denken an ein "Patensystem", bei dem mehr oder minder bekannte Moerser sich zu der Kneipe bekennen. "Wenn wir dazu aufrufen, dann haben wir die Bude voll", sagt Hohmann. "Es gibt sehr viele Röhren-Freunde." Hohmann ist Politiker, Ratsmitglied und Vorsitzender im Stadtentwicklungsausschuss. Als solcher weiß er, dass baurechtlich nichts gegen das Wohnhaus einzuwenden ist. Es gehe auch nicht darum, das Projekt schlecht zu reden. "Aber vielleicht können wir den Architekten davon überzeugen, die Schlafzimmer anders zu platzieren." Albustin wirft Pulina vor, er habe die Schlafzimmer direkt neben dem Lokal geplant. "Ich könnte den Leuten das Bier durchs Fenster reichen", sagt der Wirt.

Hans-Jürgen Pulina, der nichts Verbotenes oder an sich Verwerfliches tut, sieht sich seit Monaten in ein falsches Licht gerückt. "Ich will Herrn Albustin nichts Böses", versichert der Architekt. "Aber er muss sich, wie jeder andere auch, an die Gesetze halten." Will sagen: Die Vorschriften zur Nachtruhe gelten grundsätzlich auch für Kneipen, und seien diese noch so kultig. Er hoffe, dass es zu einem vernünftigen Arrangement mit der "Röhre" komme, sagt Pulina. "Es ist mir lieber, vorher friedlich miteinander zu sprechen als hinterher über Anwälte." Ein Gesprächsangebot, über einen Immobilienmakler der Sparkasse an Albustin herangetragen, habe der Wirt aber ausgeschlagen.

Mit der Vermarktung der insgesamt sechs Eigentumswohnung hat die Sparkasse am Niederrhein allerdings nichts zu tun. Auch die ursprünglich damit betraute Volksbank Immobilien ist inzwischen "raus". "Ich mach das jetzt selbst", sagt Pulina. Einen Teil der Wohnungen werde er selbst behalten, andere verkaufen. Er gehe davon aus, dass einige Investoren ihre Wohnungen vermieten.

Albustin vermutet, dass die Investoren im Unklaren darüber sind, dass die "Röhre" ein Veranstaltungslokal mit Nachtbetrieb sei. Ein Interessent, den er zufällig am Baugrundstück getroffen habe, habe denn auch nach einem Gespräch mit ihm, Albustin, einen Rückzieher gemacht. Pulina sagt dagegen, dass alle Käufer genau wüssten, worauf sie sich einließen. Hartmut Hohmann möchte darauf hinwirken, dass auch künftige Mieter von vornherein über die Kneipen-Nachbarschaft aufgeklärt werden. Die "Röhrianer" wollen das Gespräch mit Pulina suchen. "Reden hat immer geholfen", sagt Göke. Wie wahr.

(RP)
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