Moers Moritz Neumeier: Wenn der Lacher plötzlich im Hals stecken bleibt . . .

Moers · Zugaben findet er doof, und auch noch ein paar andere Sachen. Zum Beispiel Memory spielen mit dreijährigen Mädchen, oder bekiffte Bankangestellte, die meinen, über sein Geld wachen zu müssen. Auch Kinderbücher mit einem schlechten Ende und Leute, die Homo-Ehen für widernatürlich halten, mag er nicht besonders. Dafür würde er seinen zweijährigen Sohn manchmal gerne in der Badewanne ertränken, oder alle Menschen ohne "anständigen moralischen Kompass versammeln und dann abknallen". Der 29-jährige Stand-Up-Künstler, Moderator, Video-Blogger und einstige Poetry-Slammer Moritz Neumeier ist alles andere als ein vergnüglicher Comedian, bei dessen Bühnenauftritten sich das Publikum grölend auf die Schenkel klopft.

 Der Stand-Up-Künstler, Moderator, Video-Blogger und einstige Poetry-Slammer Moritz Neumeier ist alles andere als ein vergnüglicher Comedian.

Der Stand-Up-Künstler, Moderator, Video-Blogger und einstige Poetry-Slammer Moritz Neumeier ist alles andere als ein vergnüglicher Comedian.

Foto: kdi

Im Gegenteil. Bei seinem neuen Programm "Hurra", mit dem er die diesjährige Reihe der immer beliebter werdenden "ComedyArts Specials" im Moerser Jugendkulturzentrum "Bollwerk 107" eröffnete, blieb so manch einem Besucher das Lachen auf halbem Weg im Hals stecken. Nein, gefällig war dieser Abend nicht, obwohl an manchen Stellen auch spontan gelacht werden konnte. Das jedoch oft mit dem mulmigen Gefühl, sich dabei seinen Sitznachbarn gegenüber irgendwie als zynisch zu outen. Natürlich war es witzig, Moritz Neumeiers Erlebnissen beim Versteckspiel mit seinen beiden Kindern zu lauschen. "Darin bin ich richtig gut", lächelte er verschmitzt: "Besser als Anne Frank damals. Mich findet man nämlich nicht." Oder: "Nein, meine Frau war eigentlich kein Glücksfall für mich. Ich habe sie geschwängert, und das, obwohl meine sexuellen Fähigkeiten eher einer gut gepflegten Zimmerpflanze gleichen."

Hier lachten vor allem die Frauen. Dass man das zweite Kind jedoch nur deswegen gemacht habe, um der Langeweile des Ehealltags eine neue Spannung zu geben, ließ die allgemeine weibliche Heiterkeit im Saal sogleich verstummen.

Richtig zynisch war dagegen seine Schilderung des Versuches, sich im letzten Jahr einen jungen Flüchtling zu leasen: "Habt ihr vielleicht etwas Dunkles? Das passt besser zu unserem neuen Parkett." Und: "Hat er schon einen Namen? Oder darf man ihn selber benennen?" So und so ähnlich ging es während des gesamten Programms zu. Mal bekannte er sich eindeutig zu seiner Vaterschaft und lobte dabei sogar die Nerven seines eigenen Vaters, weil der ihn damals "niemals geschüttelt" habe.

Ein anderes Mal schilderte er mit bösartigem Genuss seine Begegnung mit "Panzer", dem doofen Türsteher einer Nazi-Disko im ländlichen Burghausen. Und dann wieder sang er ein hohes Lied auf bekiffte Familienbesuche im Zoo oder bekannte sich vehement zur Frauenquote in bundesdeutschen Aufsichtsräten. Dabei konnte man als Zuschauer allerdings nur selten unterscheiden, was davon nun wirkliche Überzeugung oder lediglich ironische Provokation ist. Auf die selbst gestellte Frage am Ende, wieweit Satire gehen darf, hatte er allerdings eine ganz unmissverständliche Antwort: "Wenn wir anfangen, Satire zu beschränken, haben wir hier ganz schnell das vierte Reich." Sprach's und verließ anschließend ohne Zugabe die Bühne.

(lang)
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