Moers MoersFestival-Gründer Hennen wird 70

Moers · Der gebürtige Grefrather pendelt nach seinem Rückzug aus dem Musikgeschäft zwischen Moers und Frankreich.

 Die letzte Ansage: So verabschiedete Hennen sich 2005 vom Publikum des MoersFestivals.

Die letzte Ansage: So verabschiedete Hennen sich 2005 vom Publikum des MoersFestivals.

Foto: Krebs, Andreas

Es ist ruhig geworden um Burkhard Hennen. Das war nicht unbedingt zu erwarten, als der Gründer des MoersFestivals die künstlerische Leitung im Jahre 2005 nach einem Streit mit der Stadt abgab. Tatsächlich wurde Hennen zwei Jahre nach dem Ausstieg noch einmal aktiv und rief im deutsch-niederländischen Grenzgebiet das "New Music Festival Gelderland" ins Leben, dem jedoch nur ein kurzzeitigesDasein beschieden war. Danach zog der Konzertveranstalter sich zunehmend aus dem Musikgeschäft zurück. Wenn Hennen am morgigen Dienstag seinen 70. Geburtstag feiert, dann werden vermutlich nur wenige Freunde und Verwandte wissen, wo er sich gerade aufhält.

Vermutlich hat er 2005 die einzig richtige Entscheidung getroffen, als er beschloss, sich komplett aus dem gesellschaftlichen und politischen Leben in Moers zurückzuziehen. Auch wenn in Gesprächen zu spüren war, dass er das Wirken seinen Nachfolgers Reiner Michalke eher skeptisch sah, widerstand er der Versuchung, die alters- und naseweise graue Eminenz des Moerser Kulturschaffens zu geben und sich hinter den Kulissen einzumischen.

Dabei hat Hennen für das Moerser Kulturleben der Nachkriegszeit eine Bedeutung, die nur zu vergleichen ist mit der von Hanns Dieter Hüsch und dem Gründer des Moerser Schlosstheaters, Holk Freytag. Aus einer politischen Protestbewegung heraus gründete Hennen unter anderem mit dem späteren Vorsitzenden des deutschen Richterbundes, Reiner Lindemann, 1968 die Kneipe "Die Röhre". 1972 veranstaltete Hennen das erste Moerser "Jazz-Festival", auf dem in den folgenden Jahren vor allem Vertreter des Free-Jazzes reichlich Gelegenheit bekamen, sich auszutoben. Spektakuläre Auftritte wie die Improvisationen des Saxophonisten Anthony Braxton begründeten ebenso den beginnenden Weltruf des Festivals wie skurrile Zwischenfälle: So sägte einmal der Schlagzeuger Han Bennink in einer Performance einen Konzertflügel an.

Über Jahrzehnte war Hennen einer der am besten vernetzten Veranstalter avantgardistischer Musik in Europa. Konsequent nutzte er den frühen Zeitpunkt im Jahr, an dem das Festival in Moers stattfand. Wer wissen wollte, was an internationalen Trends in diesem Sommer auf Europas Bühnen angesagt war, konnte sich in Moers einen ersten Überblick verschaffen.

Ebenso legendär wie seine zahlreichen Kontakte waren die Fehden, die er hingebungsvoll pflegte. Dabei war nicht immer klar, ob das im Interesse der Kunst, aus Eigensinn oder aus nüchterner Berechnung heraus geschah. Nicht jeder war der Hennenschen Schlitzohrigkeit gewachsen. Mehr als einmal kam es im Laufe der Jahre zum Eklat, wobei Hennen jedes Mal drohte, die Klamotten hinzuwerfen, so dass viele sich ungläubig die Augen rieben, als der Meister 2005 dann tatsächlich Ernst machte und seinen Ausstieg verkündete. Anlass war damals übrigens die Gründung der Kultur GmbH, die zwar elf Jahre lang den Fortbestand des Festivals sicherte, es aber auch nicht schaffte, der Veranstaltung den internationalen Rang zurückzu erobern, den sie zu Hennens Glanzzeiten einmal hatte.

Das Festival hat Hennen seit seinem Ausstieg nur zweimal besucht: inkognito. Auch in Moers ist er nur noch gelegentlich zu Gast in dem von ihm umgebauten ehemaligen Repelener Pfarrhaus. Viele Monate im Jahr verbringt er im Südwesten Frankreichs, wo er inzwischen eine zweite Heimat gefunden hat.

(RP)
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