Handwerk 4.0 Meister checkt Heizung am PC im Büro

Moers · Als Heinz Schweers 1962 seine Firma für Heizungsbau, Sanitär und Lüftungstechnik in Xanten gründete, waren Energieeinsparung und Energieeffizienz in der Bevölkerung noch eher Fremdwörter. Von Digitalisierung ganz zu schweigen. Geheizt wurde, was der Kessel hergab. Erdöl und -gas waren ja noch günstig.

 Digitale Diagnose: Firmenchef Alfred Schweers überprüft eine Heizungsanlage und liest die benötigten Werte vom Bildschirm seines Notebooks ab.

Digitale Diagnose: Firmenchef Alfred Schweers überprüft eine Heizungsanlage und liest die benötigten Werte vom Bildschirm seines Notebooks ab.

Foto: Christoph Reichwein

Doch das ist längst Legende. Heute dreht sich vieles in der Branche um sparsames und preiswertes Heizen und um einen möglichst optimalen Brennwert. Ein Neubau benötigt nur noch etwa ein Fünftel der Heizenergie, die in den 60er Jahren für das gleiche Ergebnis eingesetzt wurde, sagt Sohn und Firmennachfolger Alfred Schweers. Der Trend geht weiter gen Null bis hin zum Passivhaus. Dieses speichert Wärme-Energie so gut, dass Heizkörper komplett wegfallen können. Dafür gibt es eine Wohnraumlüftung. Das weitere Einsparungen möglich sind, ist - neben den Fortschritten bei der Hausdämmung - auch der fortschreitenden Digitalisierung der Anlagen zu verdanken.

Alfred Schweers hat die väterliche Firma vor 15 Jahren übernommen und beschäftigt 21 Angestellte. "Wir übernehmen nicht nur im Stadtgebiet von Xanten, sondern auch rund um Wesel, Rheinberg, Alpen, Sonsbeck, Geldern und Kalkar sämtliche Installationsarbeiten und Montagen, die mit der Haustechnik zusammenhängen."

Das Geschäft sei komplexer geworden, sagt er. Das zeige schon die offizielle Berufsbezeichnung. Was früher in die beiden Ausbildungszweige Heizung/Lüftung sowie Sanitär unterteilt war, ist heute unter dem Oberbegriff Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung, Klima zusammengefasst. Zwar hantieren Alfred Schweers und seine Mitarbeiter auch weiterhin mit den normalen Werkzeugen. "Zum Glück", meint er. Aber daneben muss er die neueste elektronische Hard- und Software für die Anlagen beherrschen.

"Eine witterungsgeführte Regelung gibt es schon lange. Allerdings wurde sie früher mit der Hand eingestellt", erinnert er sich. "Heute haben wir das Gleiche, nur dass alles elektronisch geregelt wird. Damit lassen sich die Parameter viel besser einstellen." Das sind zum Beispiel die Sommerabschaltung ab einer bestimmten Außentemperatur, die viel genauere Bestimmung der Vorlauftemperatur und die automatische Umstellung auf die Sommerzeit. Rund 250 Parameter lassen sich so justieren, dass die Anlage optimal arbeitet. Doch nur etwa 20 sind wirklich relevant.

Ungeachtet aller Fortschritte in der Energietechnik sind die fossilen Energieträger Öl und Gas nach wie vor sein täglich Brot, erläutert der 52-Jährige. Aber inzwischen erlebt auch die Wärmepumpe, in den 70er Jahren beliebt und dann wieder in der Versenkung verschwunden, eine Renaissance. Zudem kommt mittlerweile in vielen Bauten Solarenergie zum Einsatz.

Damit der Wohnungsbesitzer nicht den Überblick verliert, lässt sich seine Anlage dank der neuesten Technik direkt mit dem Computer im Büro von Alfred Schweers verbinden. So kann der Meister von seinem Schreibtisch aus eine Fernwartung vornehmen oder erste Fehlermöglichkeiten checken und Defekte eventuell ausschließen. Das macht manche Fahrt zum Kunden überflüssig. Schweers: "Wichtig ist, dass eine WLAN-Verbindung zur Anlage besteht."

Die Branche stellt jährlich neue Innovationen für den Endkunden vor. Ein Stichwort ist das Smart Home, mit dem der Wohnungsbesitzer von außen vieles in der Wohnung regeln kann, vom Einschalten des Lichts über das Auf und Ab der Rollläden bis zu Einstellungen bei der Heizung. Es gibt schon Module, die erkennen, wenn man sich der Wohnung nähert. Dann schalten sich gewisse Funktionen automatisch von selbst ein.

Weniger digital geht es im Betrieb Schweers beim zweiten wirtschaftlichen Standbein zu, dem Bad- und Sanitärbereich. Dort steht mehr der Wandel des Bades zu einer Wohlfühloase im Vordergrund. Als Erholungs- und Entspannungsort, an dem man gerne Zeit verbringt. So wie auch die Küche inzwischen mehr ist als nur der Ort zum Kochen und Spülen. Das Bad soll zu einem längeren Verbleib einladen.

Vor vier Jahren noch hatten Fachleute wie Philippe Grohe vom Armaturenhersteller Axor/Hansgrohe berichtet, dass die Nasszelle weiter sehr verbreitet sei. Doch der Trend kehrt sich um. "Die Sanierung von Bädern hat zugenommen", berichtet Schweers aus seiner beruflichen Erfahrung. Jetzt darf es durchaus ein wenig Luxus sein. Die Mini-Duschtasse in den Maßen 80 x 80 Zentimern ist out, eine Dusche soll möglichst groß sein, nennt er ein Beispiel. Zudem lassen immer mehr Menschen ihr Bad barrierefrei und behindertengerecht umrüsten.

(RP)
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