Moers Lesung zum Thema Vertreibung und Flucht

Moers · "Wer von der Heimkehr träumt, ist verloren. Er mag wiederkehren - aber er kehrt niemals heim", heißt es in einem Zitat von Carl Zuckmayer. Unter diesem Motto hat die evangelische Stadtkirche in Zusammenarbeit mit dem Neuen Evangelischen Forum und dem Schlosstheater Moers zu einer Lesung zum Thema Vertreibung und Flucht eingeladen. Auch der Gottesdienst am Vormittag beschäftigte sich mit der Thematik.

Die Lesung gehört zum Format "Kirche begegnet Theater" und fand erstmals in der neu renovierten evangelischen Stadtkirche statt. Matthias Hesse und Patrick Dollas, Schauspieler am Moerser Schlossheater, verlasen literarische Texte von Hannah Arendt, Carl Zuckmayer und Stefan Zweig. Musikalisch begleitet wurde die Lesung von der Geigerin und Komponistin Carolin Pook.

"Der Flüchtling" von Stefan Zweig ist eine Novelle aus dem Jahr 1927. Die Handlung spielt in der Nähe von Villeneuve zur Zeit des ersten Weltkrieges. Ein Fischer findet am Ufer eines Sees einen nackten Mann auf einem Brett treibend. Bei dem Flüchtling handelt es sich um den russischen Soldat Boris. Ein Manager eines großen Gasthofes nimmt den Flüchtling auf. Eines Tages wendet er sich flehentlich an den Manager: "Ihr wollt verzeihen, ich wollte nur wissen... ob ich nach Hause darf." Da der Krieg noch nicht beendet ist, kann Boris nicht geholfen werden.

"Wir Flüchtlinge" von Hannah Arendt aus dem Jahre 1943 ist ein Essay über das politische Selbstverständnis von Flüchtlingen. Arendt thematisiert darin die Weigerung vieler Jüdinnen und Juden, sich als "Flüchtlinge" zu bezeichnen, nachdem sie vor den Nazis fliehen mussten. Es geht um den Wandel des Begriffs "Flüchtling": "Vor allem mögen wir es nicht, wenn man uns ,Flüchtlinge' nennt. Wir selbst bezeichnen uns als ,Neuankömmlinge' oder als ,Einwanderer'."

Die Lesung, die die aktuelle Flüchtlingsproblematik historisch einbettet, hätte ein größeres Publikum verdient gehabt.

(lg)
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