Moers Kunstobjekt stellt das Leid der Flucht dar

Moers · Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea, Mazedonien und dem Iran haben die Eindrücke ihrer Flucht in einer Installation verarbeitet. Sie ist bis Ende Juni im Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrum zu sehen.

 Rund 100 Besucher bestaunten die Ausstellung (ganz links: das "bunte Deutschland") am Eröffnungstag.

Rund 100 Besucher bestaunten die Ausstellung (ganz links: das "bunte Deutschland") am Eröffnungstag.

Foto: Stadt

Projektleiterin Heike Wrede von der Volkshochschule zeigt auf den "Fluchtläufer", eine künstlerische Installation, die von acht Flüchtlingen aus Syrien, Eritrea, Mazedonien und dem Iran erstellt wurde. "Hier wurde ausgedrückt, was mit Worten nicht zu sagen ist", sagt sie. "Die Flüchtlinge haben ihre Geschichte bildlich dargestellt." Die Ausstellung, welche unter dem Titel "Flucht wird zur Kunst" bis zum 29. Juni im Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrum läuft, wurde mit Untermalung der syrischen Musikergruppe "Heimatlos" eröffnet.

Die in Moers lebenden Flüchtlinge hatten sich Ende Februar unter der Leitung von Heike Wrede und dem Kunstpädagogen Andreas Baschek zusammengefunden. Suada Redzovic, Betreuerin in der Unterkunft an der Xantener Straße, hatte zuvor mit den Flüchtlingen gesprochen, um herauszufinden, wer an einem Kunstprojekt Interesse hätte. So kamen Schreiner Saleh (46) aus dem Iran, Lehrerin Suzan (26), der Schneider Lehab und seine Schwester, die Studentin Ranem, Schülerin Malitan (15) sowie der Student Majd (24) aus Syrien, Ferdos (24) aus Eritrea und Albertina (32) aus Mazedonien zur VHS, um die Eindrücke, die sie während ihrer Flucht gesammelt hatten kreativ zu verarbeiten.

Drei Monate lang hat die Gruppe Material wie Treibholz bei Ausflügen zum Rhein gesichtet, Vorschläge für die Darstellung ihres Fluchtläufers gesammelt und mit handwerklichem Geschick alles zusammengebaut, bis eine Konstruktion aus verschiedensten Materialien, wie Draht, Styropor, Holz und Müllbeuteln, entstanden ist. "Saleh, der in seiner Heimat Möbel gebaut hat, konnte mit seinem handwerklichem Können aufwarten", sagt Heike Wrede.

Der "Fluchtläufer" besteht aus zwei Teilen, die nebeneinander ausgestellt sind. Der erste Teil stellt die Orte des Fluchtweges bildlich dar. Den Untergrund der einzelnen Abschnitte bilden Holzkästen. Auf dem ersten Abschnitt, der Syrien zeigt, liegen Korkfiguren mit schwarzem Kopftuch auf dem Boden, bunte Ölkanister bilden die Silhouetten von Hochhäusern. Ein Panzer aus alten Plastikteilen zielt auf die Hochhäuser. Eine Fläche ist mit Draht eingezäunt. Vielleicht ein Gefängnis? Das alles bleibt der freien Interpretation überlassen.

Neben der verbildlichenden Konstruktion ist ein weiterer "Fluchtläufer" aus Papier auf dem Boden aufgeklebt. Das ist der zweite Teil des Werkes. Darauf haben die Flüchtlinge ihre Eindrücke von der Flucht, teils in arabischen Schriftzeichen, aufgeschrieben und mit ihren Schuhabdrücken ergänzt.

"Ich bin mit meinem Mann und meinem Sohn aus Syrien nach Deutschland gekommen. Es war ein langer und schwieriger Weg. Seit acht Monaten sind wir jetzt hier und können ein friedliches Leben führen", sagt Suzan (26) aus Kobane und hält ihren kleinen Sohn an der Hand. Sie spricht schon ziemlich gut Deutsch. "In Kobane fielen Bomben. Wir konnten dort nicht mehr bleiben." Zusammen mit Ferdos (24), die als Waise über Libyen, Litauen und Österreich nach Deutschland floh, und Malitan (15), die aus der zerstörten syrischen Stadt Aleppo entkommen konnte, zeigt sie die einzelnen Orte ihres beschwerlichen Weges auf dem Fluchtläufer. "Das kann zum Beispiel Ungarn darstellen", sagt sie und deutet auf eine Fläche, die mit einem Drahtzaun eingeschlossen ist. Deutschland ist als "bunte Republik dargestellt", mit einem ausgedienten Rettungsring als Untergrund, ein Symbol für das - hoffentlich glückliche - Ende der Flucht.

(RP)
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