Kreis Wesel Kohle von der Kohle – das riecht

Kreis Wesel · RP-analyse Die enorme Vergütung für kommunale Spitzen im RAG-Regionalrat hat mehr als nur einen Beigeschmack. Landrat Dr. Ansgar Müller beschränkt sich in seinen Erklärungen auf das Formale und ignoriert öffentliches Unbehagen.

Seit Weihnachten stehen Bürgermeister und Landräte unter Beschuss, weil ihre Mitgliedschaft im RAG-Regionalbeirat fürstlich vergütet wird. Nach der FDP, die der subventionierten Ruhrkohle AG ohnehin nicht über den Weg traut, haben in dieser Woche auch die Grünen – immerhin Bündnispartner der SPD im Kreistag – scharfe Kritik losgelassen. Außerdem erhebt der Moerser Rechtsanwalt Hans-Peter Schneider Vorwürfe. Der Zweck des Gremiums, die Begleitung des Stilllegungsprozesses der Zechen, gehöre zu den Dienstpflichten der Bürgermeister der betroffenen Kommunen. Durch die Annahme der Leistungen hätten sich Amtsträger der Vorteilsnahme strafbar gemacht, so der Anwalt. Sollte einem "nicht pflicht- und rechtmäßiges Handeln" in den Sinn gekommen sein, komme Bestechlichkeit hinzu. Die Kritik im Kreis wird weitergehen. Denn FDP und Grüne tragen das Thema in den Kreistag. Zielscheibe: Landrat Dr. Ansgar Müller (SPD). Der beschränkte sich in seinen bisherigen Stellungnahmen aufs Formale. Als Jurist tut er das mit der ihm eigenen Genauigkeit. Was Müller ignoriert, ist das öffentliche Unbehagen. Und das hat viele Gründe.

Auch wenn derzeit die Kulturhauptstadt Ruhr 2010 pompös gefeiert wird, ist im Kreis Wesel der Streit um den Austritt aus dem Regionalverband Ruhr (RVR) nicht vergessen. Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit kam nicht zustande, weil die SPD nicht mitzog. Müller spielte in der Ruhrgebietstreue eine tragende Rolle und geriet in die Kritik, weil er für den weiter einzahlenden Kreis Wesel keine Gegenleistungen aushandelte.

SPD, Ruhrkohle AG, DGB, RVR – um nur einige zu nennen – werden am Niederrhein gern in einen Topf geworfen. Da stößt es besonders sauer auf, dass unlängst die 15 000-Euro-Vergütung für die Mitglieder des RAG-Regionalbeirates auf den Tisch kam. Die FDP sagt unverhohlen, dass der Bergbau sich damit die Bürgermeister und Landräte bergbaubetroffener Gebiete kauft. Sie attestiert Müller Befangenheit. Er habe im Kreistag stets für die Fortführung des Bergbaus votiert. Ende 2009 hatten die Liberalen oft nachgehakt, ob der Landrat die Proteste gegen Abbau unter Kloster Kamp weitergereicht hat. Die Grünen sehen zwar keinen Anlass zur Vermutung, dass der Verwaltungschef nicht die Interessen des Kreistages vertreten hat. Aber sie finden deutliche Worte, geben Volksempfinden eine Stimme: Maßlos und völlig inakzeptabel seien die Segnungen für die Beiratsmitglieder. Gerade von dem mit Steuergeld hochsubventionierten Unternehmen RAG sei sorgsamer Umgang mit Geld zu erwarten.

(RP)
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