Moers Keine Spielerei: Xantener Dom in 3D

Moers · Ein automatisches Messgerät, eine Drohne und eine besondere Software helfen bei der Restaurierung.

Ein ständiges leises Sirren durchzieht das mächtige Kirchenschiff. Hoch droben im Umgang des Doms surrt es in einem der Theodoliten, jenen auf einem Dreibein befestigten Geräten, mit denen exakte Vermessungen möglich sind. Ralph Heiliger aus Rheinbach verweist auf ein kleines rundes Zwischenteil des Geräts, von dem das endlose Geräusch ausgeht: ein schnell drehendes Prisma. Der Dom wird vermessen. Das Ergebnis sind 3D-Bilder.

Eine Spielerei ist das keineswegs: "Wir haben zwar Zeichnungen von allen Gewerken", sagt der Leiter der Xantener Dombauhütte, Johannes Schubert. "Was aber letztendlich während der Bauphase wirklich passiert ist, das geht daraus nicht hervor." Für die Vorbereitung von Restaurationsarbeiten gerade an schwer zugänglichen Stellen sei diese Kenntnis aber "enorm wichtig".

Da müssen dann Heiliger und sein "Ingenieur Team2" ran. Der diplomierte Vermesser, der sich nach einem Studium der Geodäsie mit Kollegen selbstständig gemacht hat, verfügt über Möglichkeiten, jede Kleinigkeit eines Bauwerks so darzustellen, dass sie einen Rundumblick oder eine Aufsicht ermöglichen. Eben durch den automatisierten Theodoliten. Ein einziger Laserstrahl, mit dem auch sonst die Vermessungen vorgenommen werden, wird durch ein schnell rotierendes Prisma geleitet. Bei der Reflexion entsteht auf diese Weise nicht ein einziger Punkt, sondern eine fortschreitende Punktwolke mit räumlichen Koordinaten. "Und wenn wir die aufschneiden, ergibt sich ein räumliches Pixel-Foto", so Heiliger.

Das können Ingenieure und Architekten dann auch "lesen". Da werden Risse und Veränderungen im Bauwerk deutlich, wie auch schon beim ersten Einsatz von Heiligers Team. An der Aufarbeitung arbeitet die Dombauhütte noch heute. Da wurde nämlich nach dem strengen Winter 2012 deutlich, dass das äußere Strebwerk auseinanderdriftete. Eine dieser Streben ist inzwischen stabilisiert. "Auf der Südseite des Doms müssen wir demnächst aber einen ganzen Pfeiler abbauen, das Gewerk abstützen und die Strebe erneuern", sagt Schubert.

Im Inneren des Doms geht es derweil erst einmal um eine erste Erfassung der sehr schwer zugänglichen Gewerke. Wenn mit dem Theodolit nichts mehr geht, muss Arno Ingenlath aus Alpen mit einer Kamera-drohne nachhelfen. Die Nahaufnahmen liefern dann die für die weiteren Berechnungen notwendigen Daten.

Die Software für die 3D-Vermessungen haben die Team2-Mitarbeiter selbst entwickelt. Im Denkmalschutz gibt es für sie unendlich viel Arbeit. Oft gehört viel Fingerspitzengefühl dazu: etwa, wenn Mieter in Berlin schon bei der Vermessung um ihren Verbleib oder die Miethöhe zittern und aggressiv reagieren; oder wenn Bewohner uralter Pfarrhäuser im Bistum Münster die Ingenieure längere Zeit in ihren Wohnungen herummessen lassen sollen. Heiliger: "Da müssen wir auch schon mal mit Engelszungen Überzeugungsarbeit leisten."

(RP)
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