Moers Kaisers Buche ist Geschichte

Moers · Der rund 500 Jahre alte Baum am Heideweg in Schwafheim ist am Montag gefällt worden. Viele Bürger nahmen traurig Abschied.

Moers: Kaisers Buche ist Geschichte
Foto: Christoph Reichwein (crei)

Es ist acht Uhr morgens. Am Heideweg haben sich bereits die Anwohner versammelt. Viele wollen ein letztes Erinnerungsfoto schießen. Die Trauer in Moers-Schwafheim ist groß. Da es genau in diesem Moment auch zu regnen anfängt, sagt eine ältere Dame: "Der Himmel weint um den Baum." Denn gestern wurde Realität, was jahrzehntelang zu verhindern versucht wurde. Die rund 500 Jahre alte "Kaisers Buche" musste gefällt werden.

Zu dramatisch hatte sich ihr Zustand in den vergangenen Jahren verschlechtert. Innerhalb der vergangenen sieben Jahre hatte die Standfestigkeit des Baums um rund 50 Prozent abgenommen, selbst die Sicherung des Stammes und tragender Äste durch Halteseile und Metallstützen reichte am Ende nicht mehr aus. "Der Stamm ist hohl von innen, an manchen Stellen ist die Borke nur noch zwischen fünf und zehn Zentimetern dick. Wir können den Baum nicht mehr retten", sagte Peter Küster von der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Wesel, der sich seit knapp 30 Jahren um die Pflege der Rotbuche gekümmert hatte.

Diese Argumentation konnten einige der Zuschauer allerdings nicht nachvollziehen: "Der Baum ist doch noch grün, die Krone sieht üppig aus. Ich verstehe nicht, warum man ihn fällen muss." Ralf Keller, dessen Baumpflegeunternehmen die Fällarbeiten vornahm, versuchte, die Wogen zu glätten: "Wenn man sich das Bein bricht, funktioniert der Kopf auch noch. Ähnlich sieht es hier aus. Der Stamm ist einfach nicht mehr gesund."

Daher begannen seine Mitarbeiter um kurz nach acht Uhr mit den ersten Sägearbeiten - nachdem überprüft worden war, ob sich eventuell Fledermäuse in einem der zahlreichen Hohlräume eingenistet hatten.

Einer der vielen Schaulustigen vor Ort war auch Raimund Wollnik. "Mich interessiert, was mit dem Baum passiert, schließlich ist er ein Naturdenkmal. Hoffentlich wird das Holz nicht zu Pellets verarbeitet, sondern in irgendeiner Form als Denkmal erhalten. Man sollte ein wenig Ehrfurcht vor der Buche zeigen." Ähnlich sah es Gloria Mülhofer: "Ich lebe hier seit 38 Jahren, der Baum ist mir ziemlich ans Herz gewachsen. Wenn man bedenkt, dass er mehr als acht Menschen-Generationen überlebt hat, ist das heute ein sehr trauriger Tag."

Derweil schritten die Fällarbeiten unaufhaltsam voran. Bereits eine Stunde nach Beginn lichtete sich die Baumkrone merklich, Ast für Ast wurde von den Experten zersägt. Schließlich müsse man behutsam vorgehen und nach jedem Schnitt darauf achten, wie die Halteseile auf die plötzliche Entlastung reagierten, so Ralf Keller. Und im Verlaufe der Arbeiten zeigte sich dann schließlich auch, warum die Fällung unumgänglich geworden war. Denn kurz nachdem eines der Halteseile von einem Teil des Stammes entfernt wurde, brach dieser unter seiner eigenen Last ab und offenbarte einen Blick auf eine durchweg morsche Stelle.

Diese Situation brachte dann schließlich auch die Anwohner zum Umdenken, die es sich mittlerweile auf Bänken und Stühlen bequem gemacht hatten, um die Sägearbeiten zu verfolgen. "Der Baum war Tradition. Aber wenn es so sein muss, dann kann man nicht machen. Das ist zwar schade, aber so ist das Leben", sagte Norbert Dicks, der seit 27 Jahren auf dem Heideweg wohnt.

Am Nachmittag war es dann soweit. Bis auf den Stamm und einige größere Äste verteilten sich die Reste des Baums über die angrenzende Einfahrt und den Gehweg. "Wir haben zunächst den Kopf heruntergesägt und den Torso stehenlassen", erläuterte Peter Küster nach Beendigung der Arbeiten. Am heutigen Dienstag werden die Restarbeiten erledigt - und dann ist die Ära der Kaisers Buche nach einem halben Jahrtausend endgültig vorbei.

(RP)
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