Moers Jugendliche protestieren im Rathaus

Moers · Besucher des Repelener Jugendzentrums Juno haben gestern Bürgermeister Christoph Fleischhauer einen Besuch abgestattet. Sie setzten sich für Juno-Leiter Said Boluri ein, dessen Vertrag nicht verlängert werden soll.

 Bürgermeister Christoph Fleischhauer spricht im Rathaus mit den aufgebrachten Jugendlichen.

Bürgermeister Christoph Fleischhauer spricht im Rathaus mit den aufgebrachten Jugendlichen.

Foto: Klaus Dieker

Bürgermeister Christoph Fleischhauer ist es gewohnt, als Vorsitzender des Rates Wogen zu glätten. Doch am Donnerstagnachmittag merkt er rasch, dass dies so einfach mit den rund 20 Besuchern nicht sein wird, die sich da in sein Amtszimmer quetschen. Jugendliche und Mitarbeiter des Repelener Jugendzentrums Juno bauen sich vor ihm auf. Sie schwenken Plakate, auf denen steht: "Ohne Said kein Juno" oder "Juno gegen Rassismus". Die Delegation hat ein Schreiben mit 46 Unterschriften mitgebracht. Die Unterzeichner wollen, dass Sozialarbeiter Said Boluri, weiter Leiter des Juno bleibt.

Doch Fleischhauer macht von Anfang an klar, dass er den Jugendlichen diese Hoffnung nicht machen wird. "Das wäre unredlich" sagt er. Leichter wird sein Stand durch diese klare Ansage nicht, zumal er über die Gründe der Nichtvertragsverlängerung mit dem Juno-Leiter aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen darf. Und als er dann noch eingeräumt, dass Boluri eine "klasse Arbeit" gemacht habe, was sich ja alleine schon daran zeige, dass sich so viele seiner Schützlinge auf diese Art und Weise für ihn einsetzten, fragt man sich, wie er diesen Nachmittag ohne Krawall im Büro überstehen will. Tatsächlich ist die Lage objektiv verzwickt, und man kann die durch die Personalie Boluri hervorgerufenen Emotionen nur dann richtig verstehen, wenn man einen Blick zurück in die jüngere Geschichte tut.

2012 hatte die Stadt das Juno als Träger übernommen. Zuvor gab es aus dem Stadtteil heraus Kritik an dem vermeintlich mangelnden Engagement des damaligen Trägers Awo für die Einrichtung. Aber auch eine Teilung der Verantwortung mit der evangelischen Kirchengemeinde brachte keine Besserung. Eher im Gegenteil: Awo und Kirchengemeinde konnten ganz offenbar quer durch verschiedene Verantwortungsebenen nicht miteinander. 2012 entscheid die Stadt schließlich, die Einrichtung in eigene Trägerschaft zu übernehmen. Ein Jahr später wurde Boluri, ein Einser-Absolvent mit Medienpraxis beim WDR, eingestellt. Jugendamtsleiterin Vera Breuer hatte sich für den jungen Mann stark gemacht, der schon im Jugendzentrum Zoff zwölf Jahre lang Erfahrungen gesammelt hatte. Tatsächlich schaffte Boluri einen Stimmungsumschwung im Juno. Ein Projekt nach dem anderen wurde aus der Taufe gehoben. Noch in der vergangenen Woche feierten Juno-Besucher gemeinsam mit Flüchtlingen aus dem Lager an der Rathausallee gemeinsam ein Adventsfest. "Boluri hat die Menschen erreicht", sagt Lioba Dietz vom Netzwerk-Nord. Er spricht neben Deutsch, Englisch und Französisch auch noch Türkisch und Farsi. "Wir sind sehr traurig, dass er gehen muss."

"Hier bricht eine Familie auseinander, wenn Boluri nicht mehr da ist", sagt einer der Jugendlichen. "Die Kriminalität im Stadtteil wird steigen", prophezeit Thomas Gredysa, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Juno. "Boluri hat die Leute von der Straße geholt."

All diesen emotionalen Argumenten kann Fleischhauer nur entgegenhalten, dass Enttäuschungen nun mal zu den Erfahrungen des Lebens gehörten. Die Verwaltung habe ihre Entscheidung nicht leichtfertig getroffen, betont er. Allerdings muss er auch einräumen, dass er nicht mit allen Details des Falls vertraut ist. Vielleicht ist es diese Offenheit, die am Ende dazu führt, dass Enttäuschung nicht in Frustration umschlägt. Der Bürgermeister will das Juno in der kommenden Woche besuchen - und dann auch mit Boluri sprechen.

(RP)
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