Moers Improvisationen mit Violine und Zink

Moers · Eine Stunde lang improvisierten zwei Musiker in St. Josef - ein Abend voller Spannungen.

 Carolin Pook und Boris Berns in der Kirche St. Josef. Im Kirchenschiff konnten sich die Improvisationen optimal entfalten.

Carolin Pook und Boris Berns in der Kirche St. Josef. Im Kirchenschiff konnten sich die Improvisationen optimal entfalten.

Foto: kdi

Die Violinistin Carolin Pook ist in diesem Jahr "Improviser in Residence" in Moers. Boris Berns ist hauptamtlicher Kirchenmusiker der katholischen Pfarrgemeinde St. Josef. Gemeinsam haben beide am Sonntagabend in der katholischen St. Josef Kirche in Moers gespielt. Den etwa 35 Konzertbesuchern boten die beiden Musiker eine Stunde lang freie Improvisationen und Ostinato-Variationen.

"Ostinato" bezeichnet eine musikalische Figur, die sich in Melodie oder Rhythmus stetig wiederholt. Während Carolin Pook im ersten Teil des Konzertes auf ihrer Violine nacheinander vier unterschiedliche Bassfolgen vorgab, spielte Boris Berns auf dem Zink vier kurze Melodien, die auf Tänzen der Renaissance basierten, wie etwa der Ciaconna oder der Bergamasca. Beim Zink handelt es sich um ein Blasinstrument, das vom 15. bis 17. Jahrhundert häufig gespielt wurde und sich während der Renaissance von Italien ausgehend in ganz Europa verbreitet hat. Komponisten wie Claudio Monteverdi oder Heinrich Schütz haben Musik für das Blasinstrument geschrieben. Da der Zink ein Kesselmundstück wie eine Trompete besitzt, zählt er zu den Blechblasinstrumenten, wenngleich er meist aus Holz hergestellt wird. Wie bei einer Blockflöte werden die sechs bis sieben Grifflöcher des Instruments mit den Fingern abgedeckt, um die unterschiedlichen Tonhöhen zu erzeugen.

Nachdem Pook jeweils ein ostinates Grundmotiv vorgegeben und Boris Berns die kurze Melodie hinzugefügt hatte, begannen beide Musiker damit, die musikalische Figur durch schnelle Arpeggien, Akkorde, Triller oder helle Flageoletttöne zu variieren. Die wechselnden Harmonien und Dissonanzen erzeugten dabei ganz unterschiedliche musikalische Stimmungen. So hatten die Improvisationen und Variationen, die sich im hohen Kirchenschiff klanglich optimal entfalten konnten, teilweise einen sehr meditativen Charakter, während in anderen Passagen hingegen dissonante Spannungen aufgebaut wurden.

Hatten Carolin Pook und Boris Berns im ersten Konzertabschnitt im Altarraum stehend musiziert, so spielten sie in der zweiten Konzerthälfte von der Orgelempore aus. Boris Berns begleitete Carolin Pook diesmal an der Orgel. Erneut ergab sich aus dem variationsreichen Zusammenspiel der beiden Musiker eine Vielzahl unterschiedlicher musikalischer Stimmungen. Während Carolin Pook auf ihrer Violine schnelle Tonleitern und Dreiklänge spielte, durchzog das gewaltige Donnergrollen der Orgel das Kirchenschiff. Als die letzten Orgelklänge verhallt waren, herrschte in der Kirche einige Sekunden lang absolute Stille, ehe der Applaus des Publikums aufbrandete.

"Für mich als Kirchenmusiker ist das Zusammenspiel mit dem Improviser in Residence ungeheuer spannend, da man aufgrund der freien Improvisation nie wissen kann, wie das Konzert ablaufen wird", sagte Boris Berns im Anschluss an den interessanten und abwechslungsreichen Auftritt.

(RP)
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