Unsere Woche "HIV-Skandal" ist keiner

Moers · Die Geschichte des HIV-positiven Kindes, das von einer Ferienfreizeit zurück nach Hause gebracht wurde, bewegt die Gemüter. In den sozialen Netzwerken muss die Kirchengemeinde St. Martinus, Ausrichterin des Ferienlagers auf Ameland, viel Kritik einstecken.

Dabei sind die Beweggründe der Lagerbetreuer, so wie sie in dieser Woche Pfarrer Heinrich Bösing geschildert hat, nachvollziehbar. Eine Diskriminierung des HIV-kranken Jungen sehe ich nicht, denn die Art der Erkrankung war für das Lagerteam offenbar zweitrangig.

Entscheidend war, dass das Kind mit einer augenscheinlich nicht korrekt befüllten Medizinbox auf die Reise geschickt worden war und die Betreuer nicht wussten, wie sie mit den Medikamenten umzugehen hatten. Den behandelnden Arzt konnten sie nicht erreichen, eine Bescheinigung, die dieser ausgestellt hatte, trug nicht zur Klärung der offenen Fragen bei. Und die Mutter des Kindes - sie verweigerte den Betreuern am Telefon offenbar die Auskunft.

Ferienbetreuer sind hochmotivierte Ehrenamtler, die viel Verantwortung tragen und eine Menge Zeit und Energie investieren, um Kindern schöne Tage zu bescheren. Zu den Vorschriften, die sie zu beachten haben, gehört mit gutem Grund die, Kindern nicht nach eigenem Ermessen Medikamente zu verabreichen. Genau vor dem Problem standen die Betreuer auf Ameland aber. Man kann darüber streiten, ob sie nicht einen Tag länger hätten warten können, um den Arzt doch noch ans Telefon zu kriegen. Auch die Entscheidung, den jüngeren Bruder des betroffenen Kindes "aus pädagogischen Gründen" mit nach Hause zu bringen, ist diskussionswürdig. Aber Diskriminierung? Nein.

Und: Auch der Mutter könnte man Fehlverhalten vorwerfen. Selbst wenn die HIV-Infektion keine meldepflichtige Krankheit ist, hätte sie das Lagerteam nicht trotzdem vor der Fahrt umfassend informieren können, um Probleme gar nicht erst aufkommen zu lassen? Ich würde dies tun, wenn ich meinen Sohn zwei Wochen lang anderen Leuten anvertraute.

(RP)
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