Moers Helfende Hand lindert die Not in Bosnien

Moers · Der Verein plant den 50. Hilfstransport an den Balkan. Die Lage vor Ort ist immer noch prekär. Mitglieder sammeln Spenden.

Alle reden über Flüchtlinge. Die Not anderer Menschen komme in der öffentlichen Wahrnehmung zu kurz, findet Hans-Jürgen Falk. Zum Beispiel in Bosnien. "Das Thema ist ausgelutscht", fasst der Vorsitzende des Vereins "Helfende Hand" seinen Einruck lapidar zusammen. Dabei seien die Lage vieler Menschen in dem ehemaligen Bürgerkriegsgebiet immer noch beklagenswert. "Es herrscht große Armut, die Leute leben ohne Strom und Wasser", schildert Siegfried Hein, Vorstandsmitglied im Verein, die Lage.

Viele Menschen kehrten erst jetzt in die Dörfer und ihre zerstörten Häuser zurück, aus denen sie vor vielen Jahren vertrieben worden waren. "Für mich sind die Augen der Kinder im Winter besonders beeindruckend", erzählt Hein. Manche Jungen und Mädchen stapften in Badelatschen durch Schnee und Matsch. "Über die Füße haben sie Plastiktüten gezogen, damit die Socken nicht nass werden." Es gebe aber auch eine Menge alter Menschen, die ein kärgliches Dasein fristen. "Jüngere Leute versuchen oft wegzuziehen", sagt Falk. "Die haben dort null Chancen."

1996 hat sich der Verein Helfende Hand gegründet, um die Not in Bosnien zu lindern. In vergangenen Jahren stattete er ein Waisenhaus und eine Krankenhausstation in der Stadt Bihac aus, vor allem aber bringt er regelmäßig Hilfsmittel nach Bosnien. Der 49. Transport ist gerade an den Niederrhein zurückgekehrt. "Wir haben Möbel, Kleidung, Lebensmittel und Hygieneartikel hingebracht", erzählt Falk. Zweimal im Jahr, im Frühling und im Herbst, machen sich Vereinsmitglieder auf den rund 1400 Kilometer weiten Weg in die Region um Bihac. "Die Dekra aus Duisburg-Neumühl stellt uns unentgeltlich die Fahrzeuge zur Verfügung", sagt Falk. Diesmal waren es zwei 40-Tonner sowie ein Begleitfahrzeug, das für Erledigungen in Bosnien genutzt werden kann.

Fünf Tage sind die Niederrheiner bei einem Transport insgesamt auf Achse. Früher dauerten die Fahrten noch länger. Doch seit der Verein bei den bosnischen Behörden eine Steuernummer hat, ist die Erledigung der Formalitäten nicht mehr so zeitraubend. "Zwei Wochen vor der Abfahrt bekommen die Behörden von uns die Ladelisten", sagt Falk. "Wenn wir die Landesgrenze erreichen, liegen sie dort schon vor."

Kontaktfrau des Vereins in Bihac ist seit vielen Jahren die Dolmetscherin Emina Jevtovic. Sie knüpft auch Kontakt zu den Familien, die Hilfe besonders dringend benötigen. An diese werden die Hilfsmittel aus Deutschland gezielt abgegeben. "Das ist unsere Stärke", sagt Siegfried Hein. "Die Sachen kommen wirklich bei denen an, die sie brauchen." Diesmal machten die Sattelschlepper auf einer Hochebene südlich von Bihac Halt. "Es sah aus wie in einer kahlen Tundra. Die Leute kamen mit Traktoren und Pferdewagen aus den umliegenden Dörfern zu uns."

Der "Helfenden Hand" gehören rund 30 Mitglieder aus dem Raum Moers, Kamp-Lintfort und Rheinberg an. Die meisten sind, wie Falk (64) und Hein (72) Rentner. Der Verein finanziert sich durch Beiträge, Spenden und Sponsoren. Auch auf die Unterstützung einiger Unternehmen kann er sich verlassen. "Die Rau-Lebensmittelwerke aus Hilter haben 1,2 Tonnen Margarine zur Verfügung gestellt, die Firma Henkel sechs Paletten Waschmittel", zählt Falk auf. Das Seniorenzentrum Wiesenhof in Rheinberg hat den Vereinsmitgliedern sein Möbellager geöffnet, aus dem sie sich bedienen konnten. "60 Pakete mit Lebensmitteln hat die Islamische Gemeinde Kamp-Lintfort gepackt. Auch die Ebertschule Kamp-Lintfort unterstützt uns regelmäßig mit Paketen." Als Zwischenlager dienen dem Verein die ehemaligen Fahrzeughallen der Stadt in Moers. In Bihac selbst haben die Helfer dann noch für 1000 Euro Nudeln und Süßigkeiten eingekauft. "Um die heimische Wirtschaft zu stärken."

Insgesamt 408 Familien haben vom 49. Transport der "Helfenden Hand" profitiert. Waren für den 50. "Jubiläumstransort" werden bereits gesammelt. Angesichts der Lebensumstände der Menschen in Bosnien werde es sicherlich nicht der letzte sein. Hans-Jürgen Falk ist sicher: "In zehn Jahren können wir da immer noch hinfahren."

www.helfende-hand-ev.de

(RP)
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