Moers Gesprächskonzert über Streben und Sterben

Moers · Angelika Niescier, die erste Stadtmusikerin in Moers, gastierte am Sonntag mit einem neuen Musik-Projekt im Peschkenhaus.

 Angelika Niescier stellte in Moers ein neues Projekt vor. 2008 war sie die erste Botschafterin des Moers Festivals in der Stadt.

Angelika Niescier stellte in Moers ein neues Projekt vor. 2008 war sie die erste Botschafterin des Moers Festivals in der Stadt.

Foto: Klaus Dieker

Die Unerklärlichkeit des Todes als eins der größten Mysterien der Menschheit steht im Mittelpunkt eines neuen Projekts der Saxofonistin Angelika Niescier. Unter dem Titel "The great divide" geht die Kölner Musikerin, die 2008 erste Improviser-in-Residence in Moers war, gemeinsam mit dem Trompeter John-Dennis Renken, dem Bassisten Sebastian Gramss und dem Schlagzeuger Christian Thome den Fragen nach: "Wohin gehen wir? Was setzt der Mensch diesem Mysterium entgegen? Wohin strebt er?"

Im Peschkenhaus in Moers erlebte das Gesprächskonzert über das Streben und Sterben, über die Endlichkeit und was überhaupt Musik damit zu tun hat, eine Art Vorpremiere: Im Ablauf noch nicht ganz strukturiert, manches ein bisschen improvisiert wirkend und vielleicht gerade dadurch besonders bewegend und mitreißend. Nach einem etwas zähen Beginn mit Verspätung und Diskussion über die Platzwahl der insgesamt 20 Zuhörer gab Angelika Niescier eine einführende Erklärung zum Programm: "Streben und Sterben ist ein Projekt, das sich ... um Streben und Sterben dreht", sagte die Musikerin. Ein Versuch, der erfrischend lapidar zeigte, wie tiefgründig und vielschichtig die Schwelle des Todes, die Kluft zwischen dem Jetzt und dem Jenseits sich als Thema für die Kunst und insbesondere die Musik gestaltet, die zahlreiche Kompositionen zum Todesthema liefert.

In dieser Werkfülle haben Niescier, Renken, Gramss und Thome "etwas rumgeforscht und sich inspirieren lassen". Herausgekommen ist ein spannendes, ein elektrisierend aufregendes Programm zwischen stiller Andacht und expressiver Hochspannung. Ein Programm voller Brüche, für das Schuberts "Tod und das Mädchen" oder Verdis Requiem, dem die Kirchenglocken der Stadtkirche einen faszinierenden Beiklang bescherten, nur eine vage Basis zu stellen schienen.

Wer sich konzentriert in die Musik vertiefte, konnte die berühmten "Vorlagen" von Liszt, Händel, Bach oder Dvorák heraushören, aber nicht jeder Besucher war bereit, sich so intensiv auf die Verfremdung einzulassen. Einen schnelleren Zugang zum Publikum fand "Just a closer walk", nebenbei eine höchst willkommene Gelegenheit, Niescier mit Gute-Laune-Dixie zu erleben. Der Programmbogen schloss mit Schuberts "Winterreise" und dem "Leiermann", in dem es den Musikern mit einer genialen Verschiebung der Stilistik gelang, jenes intensive Gefühl von Einsamkeit, Bedrohlichkeit und Ausweglosigkeit der Schubertschen Musik im Jazz darzustellen. Einhellige Meinung des Publikums: "Es hat sich gelohnt."

Wer "The great divide" verpasst hat, kann das Programm nach der sonntäglichen Premiere in Moers noch am 29. Januar in Köln oder am 31. Januar in Düsseldorf erleben.

(prs)
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