Moers Eine Tanzperformance über Transsexualität

Moers · Das für beim Kölner "Sommerblut"-Festival uraufgeführte Stück gastierte im Schlosstheater Moers.

 Was ist männlich, was weiblich? Ein Szenenfoto aus "Mydentity".

Was ist männlich, was weiblich? Ein Szenenfoto aus "Mydentity".

Foto: vvg

Schlosstheater-Intendant Ulrich Greb setzt in seiner Spielplanpolitik auf Kontinuität: Diese betrifft gesellschaftsrelevante Themen ebenso wie persönliche Regiehandschriften als auch kulturpolitische Netzwerkarbeit. So gastierte nun im dritten Jahr in Folge eine Uraufführung des renommierten Kölner "Sommerblut"-Festivals im Moerser Schlosstheater. Das Gastspiel am Samstagabend war eine dokumentarische Theater-Tanzperformance zum Thema Transgender unter der künstlerischen Leitung von Barbara Wachendorff, deren Regiearbeiten man hierzulande gut kennt.

"Mich reizte die Frage, was überhaupt männlich und was weiblich ist, wie sich die Grenzen auflösen, ob und warum wir eigentlich eine sexuelle oder Gender-Identität brauchen und warum es für Zis- und Biomenschen so verunsichernd ist, auf Transmenschen zu stoßen", gab Wachendorff an, warum sie sich diesem Thema angenommen und auf die Bühne gebracht hatte. Zusammen mit ihrem langjährigen Dramaturgen Joachim Henn, der ebenso in Moers gut bekannt ist, entwickelte sie vor gut einem Jahr im Auftrag des besagten Kölner Festivals für Multipolarkultur dieses Theater-Tanz-Projekt unter dem Titel "Mydentity". Herausgekommen ist eine ehrliche bis persönlich authentische, nachfragende zugleich auch aufklärerische, kritische wie unterhaltsame szenische Entdeckungsreise von und mit sieben realen Transfrauen und Transmännern zusammen mit zwei Profi-Schauspielern und drei Tänzern.

Ein Rückraumprospekt als Projektionsfläche für simultane Videoeinspielungen, drei rote Dreikant-Säulen als Begrenzungslinien, mehrere Tische mit zig schwarzen und weißen Stühlen als Kommunikationsebene sowie eine Badewanne als Verfremdungsmittel reichten aus (Bühne: Christoph Rasche), um einen spannenden Bilderbogen über Transgender-Menschen und deren Gegenteil, den sogenannten Cisgender-Menschen, zu entwickeln, zu erzählen und darzustellen. Den Ausdruck "Cis-Sexualität" bzw. "Zis-Sexuelle" hat übrigens der bedeutende deutsche Sexualforscher Volkmar Sigusch eingeführt, um auszudrücken, dass es Zissexuelle geben müsse, wenn es Transsexuelle gebe, und dass das als normal unterstellte Zusammenfallen von Körpergeschlecht und Geschlechtsidentität keine Selbstverständlichkeit sei.

Der Wunsch nach "Ich möchte als Frau anerkannt werden" wie auch die Feststellung "Ich bin eine große Frau mit tiefer Stimme", die Aussage "Wir dürfen lieben und geliebt werden" als auch die Frage "Wie männlich muss ein Mann sein" und vieles derart mehr hallte durch den Bühnenraum. Letztlich sei alles aber eine Frage des Bewusstseins, heißt es in der Inszenierung.

Persönlicher, weil authentischer, formulierte es im Stück eine Expertin, wie Wachendorff die Transgender-Mitwirkenden nennt: "Ich bin, wie ich bin." Später im Gespräch ergänzte sie: "Ich habe die Erfahrung gemacht, je offener ich auf die Menschen zugehe, umso offener sind die Menschen auch mir gegenüber."

(reife)
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