Moers Eine Begegnung von Heute und Gestern

Moers · Bei der ersten "Nacht der Geschichte" erfuhren 250 Spaziergänger Interessantes und Kurioses aus der Geschichte von Moers. Die Kooperation zwischen dem Museums- und Geschichtsverein, der Stadt und dem Grafschafter Museum war ein großer Erfolg.

 Stadtführerin Anne-Rose Fusenig, gekleidet in Grafschafter Tracht, empfing die Teilnehmer am Altmarkt.

Stadtführerin Anne-Rose Fusenig, gekleidet in Grafschafter Tracht, empfing die Teilnehmer am Altmarkt.

Foto: Christoph Reichwein

Das war schon ein ganz schöner Menschenauflauf, der sich am Samstagabend am Schloss versammelte. Erkennbar an den runden Aufklebern mit der Aufschrift "Nacht der Geschichte", machten sich 250 interessierte Bürger auf den Weg zu einem Streifzug durch die Moerser Vergangenheit. In Gruppen steuerten sie markante Plätze oder Gebäude an. An jeder Station erwartete ein Stadtführer die Gruppen mit historischen Fakten, Kopien alter Bilder und mit spannenden Anekdoten aus der Moerser Stadtgeschichte.

 Nach den Führungen gab es Getränke und Häppchen um Musenhof, Marissa Möller (hinten) sang, Patricia Martin begleitete sie am Piano.

Nach den Führungen gab es Getränke und Häppchen um Musenhof, Marissa Möller (hinten) sang, Patricia Martin begleitete sie am Piano.

Foto: Christoph Reichwein

Wilfried Scholten hielt am Königlichen Hof ein Foto von 1937 hoch, auf dem das Hotel und Restaurant zu erkennen war, das dem zentralen Ort einst seinen Namen gegeben hatte und das 1944 vollständig zerstört wurde. Der Besuch König Friedrich Wilhelms I. im Jahr 1852 muss einer der stolzesten Tage der Stadt gewesen sein. Nach ihm wurde das beliebte Lokal benannt und auch das Denkmal auf dem Altmarkt erinnert an dieses Ereignis.

Bei den Teilnehmern wurden aber auch eigene Jugenderinnerungen wach: Ulrike Heckes war hier jeden Morgen mit dem Bus aus Schwafheim angekommen und hatte ihre Schulkameraden getroffen. Auf dem Altmarkt erinnerte sie sich daran, wie sie 1970 während der Fahrstunde quer durch die heutige Fußgängerzone gefahren war. Stadtführerin Anne-Rose Fusenig erzählte in Grafschafter Tracht mit Spitzenhäubchen von den Anfängen des Marktgeschehens an dieser Stelle. Wo heute das Obst auf kleinen Holzspießen zum Probieren angeboten werde, stachen früher die Damen mit ihrer Haarnadel in die Waren und fragten: "Is et denn frisch?"

Am Café Rösgen, dem Gebäude an der Kirchstraße von 1617, in dem heute italienisch gespeist wird, erwartete Reinhard Fusenig die Besucher. Kaum vorstellbar, dass die original oranischen Ton-Dachziegel seit 400 Jahren das Gebäude schützen. Auch hier mischten sich uralte mit eigenen Lebenserinnerungen: In den Sälen im hinteren Teil des Gebäudes residierte die Tanzschule Teschner. Christel Zillig, damals 16, war eines von den aufgeregten Mädchen gewesen, die 1952 darauf warteten, von einem Jungen zum Tanzen aufgefordert zu werden.

Am Neumarkt erfuhren die Besucher von Eva-Maria Eifert, warum die Moerser dem letzten Stadttor noch heute nachtrauern: Das Meertor, auch Mattorn genannt, war lange Zeit der schönste und höchste Turm der Stadt gewesen. Den Verkehrsplanungen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts stand das Tor mit seinem engen Bogen im Weg, so dass es 1907 unter Protesten der Bevölkerung abgerissen wurde.

Am Mahnmal für die Opfer der Shoah, auf dem die Namen von 187 ermordeten Menschen aus den Moerser jüdischen Gemeinden in einen Steinbogen gemeißelt sind, erzählte Heidi Nüchter-Blömeke die Geschichte der sportbegeisterten Moerserin Trude Seligmann. Sie musste vor den Nazis fliehen und wagte es erst im Alter, ihre alte Heimat wieder zu besuchen. Andere Gruppen erfuhren viel Wissenswertes über das Schloss, die Stadtkirche, das Pumpeneck, das alte Landratsamt und das Rosarium im Park.

Alle trafen nach rund zwei Stunden im Musenhof ein, wo der Austausch über gemeinsame Erinnerungen weiter ging. Dazu gab es einen Snack und ein kühles Bier oder ein schönes Glas Wein. Der Abend klang mit einer musikalischen Darbietung von Marissa Möller und Patricia Martin aus.

Nach der erfolgreichen Premiere wird die Nacht der Geschichte mit Sicherheit im nächsten Jahr Für Frank Heinrich, den Schatzmeister des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins und Erfinder der Veranstaltung hatte sich der Erfolg der Veranstaltung bereits Wochen zuvor abgezeichnet: "Nach der Ankündigung in der Zeitung waren in kürzester Zeit alle Karten ausverkauft, noch bevor der erste Flyer überhaupt gedruckt war", sagte der 43-Jährige stolz.

(rauh)
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