Unsere Woche Ein bewundernswerter Kraftakt

Meinung | Moers · Die Schaffung einer Notunterkunft für 150 Menschen über Nacht zeigt, dass der Wille zur Hilfsbereitschaft in Moers ungebrochen ist. Hoffentlich bleibt das so.

In einem Klassenzimmer der ehemaligen Grundschule Achterrathsfeld in Kapellen stehen 15 Feldbetten.

In einem Klassenzimmer der ehemaligen Grundschule Achterrathsfeld in Kapellen stehen 15 Feldbetten.

Foto: Dieker, Klaus

Es ist schon unglaublich, wie schnell etwas in Moers gehen kann, wenn die Not groß ist. Man kann nur den Hut ziehen vor den vielen engagierten Menschen, die seit Mittwochabend versuchen, 150 Flüchtlingen aus aller Welt eine zumindest halbwegs menschenwürdige Bleibe in unserer Stadt zu bereiten. Zahlreiche Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Ehrenamtler des DRK haben kurzerhand ihre Wochenendplanung über den Haufen geworfen, haben Hotelbuchungen storniert und Familienausflüge abgesagt, um in der Achterrathsfeldschule Hand anlegen zu können.

Gleichzeitig baute sich über die sozialen Medien binnen kürzester Zeit eine gewaltige Welle der Hilfsbereitschaft auf, deren Ausmaß wohl erst zum Wochenanfang deutlich werden wird. Bislang noch mussten Spender vertröstet werden, da die Stadt sich erst einmal einen Überblick verschaffen will, welche Menschen zu ihr kommen und welche Bedürfnisse sie haben. Zudem ist auch Lagerraum nötig. Ein Teil davon ist gerade durch die Umnutzung der Achterrathsfeldschule verloren gegangen.

Offiziell ist bislang von einer drei Wochen währenden Notmaßnahme die Rede. Die Stadt will in der Schule nach den Ferien das "Spielhaus Kapellen" unterbringen. Deshalb hatte sie die Schule auch bei früheren Umfragen des Landes nicht als zentrale Erstaufnahmeeinrichtung angeboten. Die Beigeordnete Kornelia zum Kolk betont, dass sie davon ausgehe, dass die Schule dann wieder zur Verfügung stehe.

Ich fürchte, dass die Beigeordnete sich irrt. Denn nach wie vor gibt es in deutschen Flüchtlingsunterkünften zwar einen ungebrochenen Zustrom von Menschen, aber kaum Abgänge. Noch immer dauern die Asylverfahren viel zu lange. Der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer sorgte für Empörung, als er Sonderlager für Balkanflüchtlinge fordert, aus denen die Menschen innerhalb von zwei Wochen zurückzusenden seien. Dieser gnadenlos populistischen Zuspitzung begegnet die rot-grüne NRW-Landesregierung mit der Warnung, Flüchtlinge nicht in zwei Klassen einzuteilen. Doch wir werden auf Dauer die Solidarität in der Bevölkerung mit den Neuankömmlingen nur dann aufrecht erhalten können, wenn wir ehrlich sind. Wir müssen Flüchtlingen viel schneller Sicherheit über ihren Rechtsstatus geben.

Dieses Recht hat aber auch die Kommune: Sollte die Schule in Kapellen länger als nur drei Wochen benötigt werden, sollte das Land das jetzt sagen. Alles andere hätte fatale Folgen für die Glaubwürdigkeit.

Ein schönes Wochenende! juergen.stock@rheinische-post.de

(RP)
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