Moers Drei Beispiele für vorbildliche Flüchtlingsarbeit

Moers · Seit gut einem halben Jahr kümmert sich in Alpen ein Verein um die 224 Flüchtlinge. Aktion "Bewegen hilft" fördert das Engagement.

 Drei, die im Vorstand der Flüchtlingshilfe arbeiten (v. l.): Stephan Hertel kümmert sich um Mobilität, Sabine Holert-Drewicke um Patenschaften und Dr. Wolfgang Burgbacher um berufliche Perspektiven.

Drei, die im Vorstand der Flüchtlingshilfe arbeiten (v. l.): Stephan Hertel kümmert sich um Mobilität, Sabine Holert-Drewicke um Patenschaften und Dr. Wolfgang Burgbacher um berufliche Perspektiven.

Foto: Armin Fischer

"Am Anfang mussten wir Chaos bewältigen. Dann haben wir Perspektiven entwickelt." Patrick Depuhl fasst zusammen, was die "Flüchtlingshilfe Alpen" auszeichnet. Er ist Vorsitzender der Ehrenamtlichen, die im Tagesgeschäft aktiv sind. Dabei haben sie auch eine langfristige Entwicklung im Blick. Das zeigen drei Beispiele.

Beispiel I Ein Fragebogen liefert den Aktiven wichtige Informationen über die Flüchtlinge. Neben Namen, Geburtsland und Familienstand enthält er vor allem Fragen nach der beruflichen Perspektive. Welche Schulausbildung haben die Flüchtlinge? Welche Sprachen sprechen sie? Welchen Beruf haben sie gelernt? Wollen sie sich in Deutschland qualifizieren? Welchen Beruf wollen sie ausüben? "Andere haben uns das abgeguckt", berichtet Vize- Vorsitzender Dr. Wolfgang Burgbacher. "Nach uns hat die Arbeitsagentur einen ähnlichen Fragebogen eingeführt."

Für den promovierten Volkswirt spielt es keine Rolle, ob die Flüchtlinge nach einer Berufsausbildung in Deutschland bleiben oder in ihr Heimatland zurückkehren. "Gerade im Handwerk brauchen wir junge Menschen", erzählt der 67-jährige Alpener. "Wir konnten Praktika vermitteln, aus denen Ausbildungen entstehen können, wenn Sprachkurse parallel laufen. Gleichzeitig ist es eine ausgelagerte Entwicklungshilfe, wenn Flüchtlinge hier lernen und in ihre Heimatländer zurückkehren. Mit ihnen entsteht dann ein Mehrwert vor Ort."

Beispiel II Die Fahrradwerkstatt ist sehr erfolgreich. Die Flüchtlingshilfe rief alle Alpener auf, Fahrräder zu spenden, die sie nicht mehr brauchen. "Teilweise sind sie noch sehr gut", erzählt Stephan Hertel. Der 56-jährige Sonderschullehrer codiert die Räder. Außerdem hält er eine Schablone an die Sattelstange des Rahmens, um im neonleuchtenden Orange den Schriftzug "Alpen" auf den angerauten Lack zu sprühen. "Ein Fahrrad wäre so bei einem Wiederverkauf wertlos, zumal es offiziell Eigentum des Bürgermeisters ist", erklärt Hertel.

Die Flüchtlinge erhalten die Fahrräder entweder gratis oder gegen die Hälfte der Reparaturkosten, die zum Beispiel entstehen, wenn Stephan Hertel einen neuen Mantel aufzieht. Alle 224 Flüchtlinge, die sich ein Fahrrad wünschten, haben mittlerweile eins. "Es fehlt nur noch ein Fahrsicherheitstraining auf einem Übungsplatz wie bei Grundschülern. Ich habe die Polizei schon angesprochen. Sie ist am Ball."

Beispiel III Patenschaften sind ein Eckpfeiler. "Alle Flüchtlinge haben Paten", berichtet Sabine Holert-Drewicke. "Ein Pate betreut ein oder zwei Familien oder Einzelflüchtlinge. So entsteht enger Kontakt." Die Paten helfen bei Gängen zu den Ämtern, bei Besuchen beim Arzt und sind Ansprechpartner bei Fragen. "Zweimal im Monat tauschen sie sich im Café International im Amaliencafé aus", erzählt die 48-jährige Schatzmeisterin des Vereins.

Mit den Paten entstand die Idee, an der Sammelunterkunft Tennishalle einen "Garten der Begegnung" anzulegen, wo Gemüse und Kräutern wachsen und die Flüchtlinge gerade Gurken und Zucchini ernten. "Wenn Flüchtlinge in andere Kommunen verlegt werden und bei einem Besuch zurückkommen, erzählen sie oft, wie gut sie es in Alpen hatten", berichtet Holert-Drewicke.

www.fluechtlingshilfe-alpen.de

(RP)
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