Serie Rheinische Postund Volksbank Niederrhein Präsentieren Handwerk 4.0 Digitalisierung von der Pike auf

Moers · Was einst Schreiner in mühseliger Kleinstarbeit mit Bleistift und Zollstock markierten und mit der Säge passend zurecht geschnitten haben erledigt heute die Maschine. Die computergesteuerte Fräse CNC macht vieles in einem Abwasch.

 André Rennings (r.) mit Marco Waldermann.

André Rennings (r.) mit Marco Waldermann.

Foto: Christoph Reichwein

xanten "Die Digitalisierung ist heute in der Schreinerei nicht mehr wegzudenken", sagt André Rennings. Er muss es wissen, er kennt es eigentlich auch nicht anders, ist quasi damit groß geworden. Seit 15 Jahren ist er Tischlermeister, hat 1995 seine Ausbildung bei Johannes Bauhuis in Marienbaum angefangen, 16 Monate jeden Tag in der Meisterschule in Düsseldorf die Schulbank gedrückt und als Meisterstück einen Barschrank aus amerikanischem Nussbaum abgeliefert. 2005 hat sich der 38-Jährige selbstständig gemacht, zwei Jahre später seine Tischlerei am Maulbeerkamp 14 in Xanten gebaut, oder besser gesagt bauen lassen, und einen Namen für seinen Betrieb gesucht und gefunden: "holzart". Wobei in diesem Fall "art" nicht (nur) für "Kunst" steht, sondern für "André Rennings Tischlermeister".

Drei Gesellen arbeiten bei ihm, außerdem stundenweise eine Bürokraft und im dritten Lehrjahr Wanda Seegers. Möbel sind das Hauptgeschäft von Tischlermeister André Rennings, der nur noch vom Hörensagen weiß, wie es früher in Schreiner-Werkstätten aussah, wo zwar wie heute gehobelt wird und auch Späne fallen. Aber die liegen in den seltensten Fällen noch auf dem Boden 'rum, werden abgesaugt in eine spezielle Anlage.

Und was früher der Schreiner (Tischler) in mühseliger Kleinstarbeit mit Bleistift und Zollstock markierte und dann mit der Säge passend geschnitten hat, das erledigen längst die Maschine und - im Zeitalter der Digitalisierung - der Computer. Sägen, anzeichnen, fräsen, nuten, bohren: Die computergesteuerte Fräse CNC macht viele Arbeitsschritte in einem Abwasch. "Damit kann ich Konturen und jede Art von Formen fräsen. Früher musste man jede Menge Schablonen anfertigen, das übernimmt jetzt die Maschine".

Der Tischlermeister fertigt nicht nur Möbel nach Maß, auch Fenster und Türen. Und Treppen: Beim Kunden wird Aufmaß genommen, die Maße in den Computer eingegeben, der den optimalen Winkel und die Anzahl der Stufen berechnet, eine Schnittliste ausspuckt und im nächsten Schritt der CNC direkt den "Auftrag" gibt, die Einzelteile anzufertigen, sprich die Stufen und Seitenteile genau nach Vorgabe zu sägen. Millimetergenau. Beides kommt dann in die Kantenanleim-Maschine, Rennings nennt sie das "große Bügeleisen".

Die Digitalisierung hat viele Vorteile, sagt André Rennings, die computergesteuerten Maschinen arbeiten viel genauer und um ein Vielfaches schneller als der Mensch. Aber sie ersetzen leider auch den Menschen, der früher oft tagelang mit dem Fräsen von Rillen beschäftigt war. Und: Der Lehrling lernt nicht mehr wie früher "von der Pike auf", bekommt die "Handarbeit" nicht mehr mit. Damit das nicht passiert, wird bei "holzart" der ein oder andere Schrank noch per Hand gefertigt. Am liebsten aus Massivholz: Robinie, Eiche, Nussbaum, Kirschbaum. Aber auch Möbelbauplatten werden in dem Betrieb verarbeitet.

Viele Jahre hat André Rennings für den bekannten und inzwischen verstorbenen Berliner Innenarchitekten Roger Brüggemann gearbeitet. Der Tischlermeister und sein Team richten Großraumbüros ein, arbeiten für Ladenbauer und Privatkunden. Zur Zeit bauen sie das Inventar für eine originelle Gaststätte im niederländischen Doetinchem, Wandbekleidung, Rückschrank oder Theke. Und sie arbeiten hin und wieder auch mit (und für) Guido Cantz, Humorist, Buchautor und "Verstehen-Sie-Spaß"-Moderator, bauen dort, wo gedreht wird, Kulissen oder das Versteck für die Kamera. Der Kontakt kam vor drei Jahren zustande, als sein Geselle Marko Waldermann selber mal "Opfer" war. Vor zwei Tagen waren sie wieder einmal für "Verstehen Sie Spaß?" unterwegs, eine Unterhaltungssendung, bei der Personen absichtlich in eine missliche Lage gebracht und dabei mit versteckter Kamera gefilmt werden. "Das macht Spaß, das sind super nette Leute", sagt André Rennings. Und Guido Cantz, das sei ein "echt freundlicher Kerl".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort